Porsche Cayman S (981c) im Test
Auf des Elfers Spuren

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Der neue Porsche Cayman S heftet sich noch stärker als sein Vorgänger an die Fersen des Markenbruders 911. Wie nahe das S-Modell mit 325 PS dem Elfer wirklich kommt, verrät der erste Test.

Porsche Cayman S, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Hält der neue Porsche Cayman der Baureihe 981c seinen Respektabstand zum Porsche 911 weiterhin ein oder nicht? Klammheimlich hat sich der Mittelmotorsportler seit seiner Markteinführung 2005 an die Elfer-Ikone herangepirscht.

Als Cayman R verkleidet biss er 2011 dann erstmals zu, und es gelang ihm, was 914, 944 und Co. über Jahrzehnte nie gelungen war: Aus dem 911-Windschatten auszuscheren und zu überholen. Elfer gegen Cayman – ein Vergleich, den die Strategen in Stuttgart-Zuffenhausen nicht gerne hören, wohl aber in den Überlegungen so manches Kunden eine Rolle spielt: Nehme ich einen Basis-Carrera oder einen mit sämtlichen Extras verfeinertes Cayman S-Modell?

Unsere Highlights

Porsche Cayman S kostet ab 64.118 Euro

Wir haben uns heute für den Mittelmotor-Athleten entschieden. Gestatten, S-GO 1314 in dezentem GT-Silbermetallic, einer Innenausstattung in Espresso und Siebengang-PDK. Mit sämtlichen Extras schraubt sich der Startpreis des Porsche Cayman S von 64.118 Euro zum saftigen Testwagenpreis von 98.741 Euro hoch. Zur Erinnerung – dafür gibt’s schon locker einen Basis-Carrera (ab 90.417 Euro).

Zündschlüssel Porsche-typisch links drehen, los geht's: Die Leistung des Sechszylinder-Boxers liegt im Vergleich zum Vorgänger mit 325 PS um fünf PS minimal höher. Das maximale Drehmoment bleibt unverändert bei 370 Newtonmeter, welches nun aber etwas früher anliegt (4.500/min statt 4.750/min). Erst bei einer Höchstdrehzahl von 7.800 Touren enden die Mittelmotor-Ovationen.

Porsche Cayman-Kunden, die nicht im Boxer-Wahn einmal die Motorverkleidung hinter den Sitzen rauspfriemeln, werden den 3,4-Liter nur selten zu Gesicht bekommen. Darum schreit das S-Modell seine Verbrennungsmelodie noch etwas unverblümter in den Innenraum, als es der große Elfer-Bruder kann. Rotzen, Spratzeln, Gurgeln – wer auf grenzenlose Leidenschaft im unteren Drehzahlbereich steht, sollte das Häkchen hinter der 2.166 Euro teuren Option „XLF – Sportabgasanlage“ machen.

Noch mehr als bisher gelingt dem Porsche Cayman der Spagat zwischen Alltag und Sport. 60 Millimeter längerer Radstand und 40 Millimeter größere Spurweite an der Vorderachse (hinten: plus 12 mm) sorgen ab sofort für höhere Fahrstabilität. Während der Vorgänger bei Highspeed-Autobahnkurven gerne einmal wie ein Kirmes-Boxer getänzelt hat, legt der Nachfolger dieses vorpubertäre Sportgetöse zum falschen Zeitpunkt ab.

Kurvenfahren als Paradedisziplin

Auch am aktiven Dämpfersystem PASM mit 10 Millimeter Tieferlegung (optional 1.428 Euro) schliffen die Entwickler nochmals. Mit Erfolg: Angenehm federn auf Bodenwellen und die Sinne schärfen, sobald die nächste Haarnadel ansteht – ein Mix, den der Porsche Cayman sehr gut beherrscht.

Zur Paradedisziplin von S-GO 1314 gehören Kurven – obwohl im Konfigurator noch gar nicht alle fahrdynamisch hilfreichen Extras angekreuzt wurden. Dafür liegen die Achsgeometriewerte am Rande der Sollwerte – unter fahrdynamisch günstigen Gesichtspunkten natürlich (Sturz VA: -0°43‘, HA: -1°44‘, Spur VA: -0°01‘, HA: 0°17‘).

Nachdem das S-Modell mit optionalem PDK und Sport-Chrono-Paket in 4,5 Sekunden die Werksangabe nach einem lupenreinen Launch-Control-Start um zwei Zehntelsekunden unterboten hat, stürzt sich der Porsche Cayman gierig auf den Kleinen Kurs von Hockenheim.

Kompromiss aus Alltag und Sport

Auch im zweisitzigen Coupé wechselt Porsche von einer hydraulischen auf eine elektromechanische Lenkung. Die Rückmeldung dieser Variante ist leichtgängiger als beim Vorgänger, aber glücklicherweise nicht zu leichtgängig. Hardcore-Sportfahrer werden zwar den kernigen Lenkkräften nachtrauern, doch im Lastenheft des neuen Porsche Cayman stand nun mal auch beim Thema Lenkung ein Kompromiss aus Alltag und Sport.

Vor diesem Hintergrund hätten die Ingenieure ihre Arbeit nicht besser erledigen können. Im Testfahrzeug war zudem die „Servolenkung Plus“ (261 Euro) verbaut. Diese reagiert geschwindigkeitsabhängig und verringert die Lenkkräfte beim Rangieren und bei niedrigen Geschwindigkeiten.

Wie der Boxster S lenkt auch der Porsche Cayman S sehr direkt ein. Dem zackigen Einlenken folgt auf der Rennstrecke mit der geschilderten Achsgeometrie und Radreifenkombination gerne ein nachdrückendes Heck. Bei Lastwechseln setzt das Cayman-Heck sehr agil um und verlangt ständige Lenkradkorrekturen. Im Vergleich zum Carrera ist der Mittelmotor-Renner viel mehr in Bewegung um die Hochachse. Ergo fährt sich der Elfer auf der Rennstrecke unauffälliger und einfacher schnell.

Im Porsche Cayman hingegen geht's mit einem Schuss Agilitätspfeffer deutlich würziger zur Sache. Unter Last krallt sich der Mittelmotor-Renner dank Torque-Vectoring-System PTV und mechanischer Hinterachsquersperre mit guter Traktion in den Asphalt. Die Stahlbremsanlage verzögert konstant mit starken Verzögerungswerten über 11 m/s².

Porsche Cayman S – PDK schaltet eigenständig hoch

Ein Kritikpunkt trifft das PDK: Wie schon im Boxster S schaltet das Doppelkupplungsgetriebe selbst im manuellen Modus und bei deaktivierten Fahrhilfen eigenständig hoch. So etwas mag in einem VW akzeptabel sein, in einem Porsche Cayman gehört dies ganz klar zur Kategorie „Bevormundung des Fahrers“. Das Getriebe schaltet auf der Rennstrecke auch vor Kurven noch einmal kurzzeitig obwohl der Fahrer lieber noch am oder im Drehzahlbegrenzer auf das Eck zugefahren wäre.

Dieses Manko lässt sich nur in zwei Fällen überlisten: Entweder wenn das Gaspedal nur bis zur Kickdown-Schwelle, aber nicht in den Kickdownbereich getreten wird, oder wenn so viel Querbeschleunigung anliegt, dass die Elektronik einen Drift erkennt. Bei Erreichen des Drehzahlbegrenzers im Drift hält das PDK dann immerhin die Gänge. Dennoch unser Wunsch: Im nächsten Modelljahr die Getriebe-Applikation bitte bei Boxster und Porsche Cayman ändern. Im Elfer ist der manuelle Modus doch auch ein echter manueller Modus.

Wo wir schon beim Thema Elfer sind: Mit einer Rundenzeit von 1.12,8 Minuten unterbietet der Porsche Cayman S nicht nur die Rundenzeit seines Vorgängers um 1,1 Sekunden, sondern schlägt auch den Basis-Carrera in Hockenheim um drei Zehntel.

Der Carrera S rückt den Respektabstand mit Rundenzeiten zwischen 1.10,4 min und 1.12,0 min je nach Ausstattung wieder gerade. Trotzdem sollten sich Elfer-Piloten ab sofort nicht mehr ganz so sicher fühlen, wenn in ihrem Windschatten ein Porsche Cayman auftaucht.

Technische Daten
Porsche Cayman S
Grundpreis66.944 €
Außenmaße4380 x 1801 x 1295 mm
Kofferraumvolumen275 l
Hubraum / Motor3436 cm³ / 6-Zylinder
Leistung239 kW / 325 PS bei 7400 U/min
Höchstgeschwindigkeit281 km/h
0-100 km/h4,8 s
Verbrauch8,0 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten