VW ID.3 Facelift
Passt jetzt alles? Nein.

Nachdem VWs erstes auf einer eigenen Architektur basierendes E-Auto im auto-motor-und-sport-Test sich vor allem wegen mäßiger Qualität eine Ohrfeige einfing, kommt nun die erste Modellpflege. Was die bringt? Fahren wir mal.

Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?" Dieser Aufkleber pappt inzwischen wohl auf allen Sehenswürdigkeiten der Welt. Na, und es ist schon nett hier. Im Herbst 2020 führte die Testfahrt mit dem ID.3 über den in spätsommerliches Licht getauchten Schwarzwald, jetzt über die frühjahrsbewölkte Schwäbische Alb in Richtung Donautal. Die Natur so dunkelgrün wie der Testwagen, das Fahrvergnügen identisch mit dem von damals. Der ID.3 pflegt einen direkten Austausch mit seinem Fahrer, kommuniziert klar, natürlich ohne, dass er einen als bester Kumpel an sich drückt – das soll Sportwagen vorbehalten bleiben. Oder vielleicht einem ID.3 GTI, wenn es den mal geben sollte. Doch im Hinterkopf läuft bereits der Vergleichstest mit den Ioniq 5, EV6 und E-Mégane dieser Welt, die – ganz im Gegensatz zu 2020 – sehr präsent auf unseren Straßen herumfahren. Und da zählt der ID.3 klar zu den verlässlich rückmeldenden Fahrzeugen, was Fahrwerk und Lenkung betrifft, vermittelt so ein sicheres Fahrgefühl. Zudem zündet er dich auch ein bisschen an, ermuntert, die eine oder andere Kurve im Rahmen der Legalität etwas motivierter anzugehen. Selbst das Bremspedal vermittelt dabei ein natürliches Gefühl, was bei E- und PHEV-Mobilen noch immer nicht als selbstverständlich gilt. Angemessen langer Pedalweg mit definiertem Druckpunkt – passt.

Unsere Highlights

Also lässt sich mit dem ID.3 die Kurve zielgenau anbremsen, die Lenkung erfordert nur milde Haltekräfte und reagiert unaufgeregt natürlich; beim Herausbeschleunigen merkst du kurz, dass der Antrieb auf die Hinterräder wirkt, bevor das Stabilitätssystem eingreift. Und der Federungskomfort? Ausgerüstet mit 20-Zoll-Rädern auf 215er-Reifen und adaptiven Dämpfern, spricht der VW sehr zuverlässig auf nahezu alle Unebenheiten an, verarbeitet sie sauber und zeigt dabei eine in diesem Segment durchaus übliche Tendenz zu wohldosierter Straffheit. Also kann der Neue, den VW gar zur "zweiten Generation ID.3" erhebt, tatsächlich alles besser? Nun, am Fahrverhalten gab es damals bereits nichts auszusetzen. Mag sein, dass es aufgrund des sehr angenehmen Federungskomforts jetzt noch ausgewogener wirkt. Ansonsten aber verharrt der ID.3 hier auf hohem Niveau. Das Fahrwerk – eine Kernkompetenz von VW. Ebenso das Package: viel Platz im Interieur bei vergleichsweise geringer Verkehrsfläche.

Pfeile mit Weile

Dazu kommt noch die tadellose Ergonomie, vor allem dann, wenn man sich mit dem riesigen Head-up-Display arrangieren kann, das einem per Augmented-Reality-Funktion die Abbiege-Hinweise aus dem Horizont holt und vor die Brust schleudert. Also bildlich gesprochen. Sicher, da freundet sich womöglich nicht jeder mit an. Immerhin: Es bleibt ja noch das Fahrerdisplay mit allen wichtigen Informationen.

Und so allmählich nähert sich dieser Test einem jener Themen, über die der erste ID.3 stolperte – und mit ihm eine ganze Modellgeneration von VW und den Tochtermarken: dem Infotainment. Gut, so wirklich viel hat sich hier nicht getan, das soll erst mit einer weiteren Modellpflege passieren, die für den Jahreswechsel anberaumt ist. Dann kommen ein größerer Monitor (15 statt 10 Zoll), eine aufgeräumte Menüstruktur und – Tusch, Fanfaren – der Slider für Lautstärke und Temperatur mit Beleuchtung. Jetzt soll das System ohne Abstürze laufen (macht es tatsächlich) und eine ordentliche Ladeplanung bieten. Letzteres funktioniert weitestgehend, wenngleich einmal ein Ladestopp an einer Station empfohlen wurde, die das System selbst als "defekt" anzeigte. Jedenfalls reagiert der Sprachassistent nun auf die Anrede "Hallo ID" und setzt die nachfolgenden Befehle auch um, allerdings zögerlich und mit scheppriger Stimme.

Wie auch immer, im Test kam der ID.3 mit dem 58-kWh-Akku und optionaler Wärmepumpe mit 22,5 kWh/100 km aus und damit 271 km weit. Auf der zurückhaltend gefahrenen Eco-Runde reichen dem VW 17,4 kWh/100 km, woraus sich eine Reichweite von 351 km ergibt. Für eine Vollladung an der Wallbox benötigt er dann 5,3 Stunden. Und an der Schnellladesäule? Geht’s von SOC 0 auf 80 Prozent in MEB-typisch zögerlichen 40 Minuten, die maximale Ladeleistung beträgt 136 kW.

Was also stand bei dieser Modellpflege im Fokus? Das Design und die Verarbeitung, als "unmittelbare Reaktion auf euren Test damals", wie es aus Wolfsburg nach Stuttgart schalmeit. Da wir das Design in einem Test nie kommentieren, müssen wohl potenzielle Kunden gemault haben. Also urteilen Sie bitte selbst. Die Verarbeitung jedenfalls entspricht jetzt wieder jenem Standard, den man von einem Profi wie VW erwarten darf – vor allem aber bei einem Auto, das 55.850 Euro kostet (Testwagenpreis des abgebildeten Fahrzeugs). Heißt also, dass die Motorhaube auch auf der Innenseite durchgehend lackiert ist und alle Anbauteile sauber eingepasst sind.

Wert-Steigerung

Sie erinnern sich? Die alte Wertigkeit blieb auf der Strecke, eine neue, digitale Wertigkeit war nicht zu erkennen. Auf das Digitale müssen ID-Kunden weiter warten, abgesehen vom Head-up-Display vielleicht. Ansonsten jedoch hilft die Modellpflege, den ID.3 glaubwürdiger in jenes Wertesystem einzurücken, das die Produkte der Marke auszeichnete, bevor auf Biegen und Brechen alles anders werden musste. Also drehen wir noch eine Runde mit dem aufgefrischten ID.3, gerne auch über Baden-Württemberg hinaus.

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Fazit

Passt jetzt also alles? Nein. Die digitale Baustelle bleibt bestehen, auch wenn Besserung bereits zu erkennen ist. Eindeutig hingegen: die erheblich höhere Verarbeitungsqualität. Über das Design müssen die potenziellen Käufer urteilen, über die Fahreigenschaften urteilen gerne wir: alles bestens – auch wegen teurer Extras. Verbrauch und Ladeleistung stimmen.

Technische Daten
VW ID.3 Pro (58 kWh) Pro
Grundpreis39.995 €
Außenmaße4264 x 1809 x 1564 mm
Kofferraumvolumen385 bis 1267 l
Höchstgeschwindigkeit160 km/h
0-100 km/h7,7 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km
Testverbrauch22,5 kWh/100 km