Drift-Anleitung
So driften Sie richtig schön quer!

Driften: Wie geht das eigentlich? Hier erfahren Sie es aus erster Hand.

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Foto: Roman Domes

Driften gilt als die höchste Weihe der Fahrzeugbeherrschung. Eigentlich ist es ein Fahrzustand aus dem Rallye-Sport - die Piloten nutzen das quer stehende Auto auf lockerem Untergrund einerseits, um Geschwindigkeit vor und in der Kurve kontrolliert abzubauen, andererseits, um das Fahrzeug bereits in der Kurve zum bestmöglichen Beschleunigen am Ausgang auszurichten. Diese spektakulär aussehende Art der Kurvenfahrt gewann über die Jahre immer mehr Fans und es bildete sich eine Szene. Daraus entstand die sogenannte DriftChallenge - eine Meisterschaft des Querfahrens.

Unsere Highlights
1. Driften: Was ist das eigentlich?

Unter Driften versteht man das bewusst eingeleitete Übersteuern eines Autos - es lenkt stärker in die Kurve ein, als es der Radius vorgibt. Damit es sich dabei nicht dreht, lenkt der Fahrer gegen: Die Vorderräder zeigen dabei scheinbar entgegengesetzt zur Kurve (also in einem Linksknick nach rechts). Tatsächlich geben sie allerdings die eigentliche Richtung vor, in die sich das rutschende Auto bewegt.

2. Welches Auto eignet sich am besten?

Klassischerweise nimmt man Fahrzeuge mit Hinterradantrieb. Weitverbreitet sind BMW 3er der Baureihen E36 und E46 (der 90er- und 2000er-Jahre), weil sie gebraucht günstig zu haben sind und mit starken Motoren erhältlich sind. Saugmotoren eignen sich besser als Turbotriebwerke; bei Letzteren setzt die Leistung verzögert ein und der Drift lässt sich nicht so fein dosieren. Ausnahme: Kompressoraufladung. Der Kompressor wird von der Kurbelwelle angetrieben und setzt damit beim Gasgeben verzögerungsfrei ein.

3. Wie viel Leistung benötige ich?

Beim Driften benötigt man weniger Spitzenleistung als vielmehr Drehmoment, das über ein breites Drehzahlband zur Verfügung steht. Bei den Newtonmetern gilt: Je mehr, desto besser - dann lässt sich ein Drift mit hohem Tempo alleine über den Schlupf, also die durchdrehenden Räder, halten. Andererseits verführt viel Drehmoment dazu, den Drift alleine über den Schlupf zu steuern. Dabei müssen Anfänger erst einmal Gefühl für den Bewegungsablauf erhalten. Hochdrehzahl-Motoren liefern bei niedriger Drehfrequenz noch zu wenig Drehmoment, sind deshalb nicht optimal. Dieseltriebwerke wären prinzipiell eine gute Wahl - wenn sie nicht praktisch alle per Turbo aufgeladen wären, der sie träge aufs Gasgeben reagieren lässt.

4. Welche Umbauten sollte ich vornehmen?

Generelle Empfehlung: Am besten nimmt man bereits das stärkste verfügbare Serienmodell als Ausgangsmaterial. Im Falle eines BMW E36 und E46 hätte man mit dem M3 bereits eine potente Basis. Reicht das Drehmoment nicht aus, empfiehlt sich das Tunen per Kompressor. Unbedingt erforderlich: eine Differenzialsperre; sie ist bei vielen Sportwagen serienmäßig, lässt sich sonst meist nachrüsten.

Beim Lenkwinkel gilt übrigens das Gleiche wie beim Drehmoment - je mehr, desto besser (siehe Punkt 10). Um den Lenkwinkel nachträglich zu erhöhen, muss die Vorderachsaufhängung umgebaut werden. Damit erlischt dann allerdings die Straßenzulassung. Wer tiefer ins Thema einsteigen möchte, rüstet die Handbremse noch auf hydraulische Betätigung um und baut einen sogenannten Fly-off-Hebel (der ragt wie im Rallye-Auto in den Innenraum hoch) ein. Ein mit Alcantara oder Wildleder bezogenes Sportlenkrad mit 12-Uhr-Markierung verbessert die Griffigkeit beim schnellen Gegenlenken. Und Schalensitze mit hohen Seitenwangen geben mehr Gefühl fürs rutschende Auto.

5. Wie und wo übe ich am besten?

Optimal ist es, wenn man einen Reifenhändler im Bekanntenkreis hat, der einen mit abgefahrenen Pneus versorgt. Der Verschleiß an Profil ist beim Driften enorm - den aufsteigenden Rauch erzeugt schließlich nichts anderes als verbrennender Gummi. Die meisten von uns haben wohl bereits auf verschneiten Supermarktparkplätzen eine Handbremswende versucht, doch das hat mit Driften wenig zu tun. Das Üben auf öffentlichen Straßen verbietet sich von selbst; es bleiben nur professionelle Drift-Trainings. Hier wird meist auf bewässertem Untergrund gedriftet, was das Profil schont und Anfänger schnellere Erfolge erzielen lässt. Drift-Meister werden selten geboren, die ersten Versuche enden zwangsläufig in Drehern. Doch irgendwann macht es Klick und man hat den Bogen raus - plötzlich fährt man quer. Das Ganze reproduzierbar hinzubekommen, erfordert aber jahrelanges Training.

6. Wie unterscheiden sich die Antriebsarten?

Mit Fronttrieblern kann man zwar durch die Kurve rutschen, aber nicht wirklich driften. Sonderfall: Im Rallye-Sport helfen die Fahrer fleißig mit der Handbremse nach. Die Haftung reißt dann wie gewollt ab, doch der Slide lässt sich weder durch Gasgeben verlängern noch stabilisieren. Beim richtigen Driften raucht (zumindest auf trockenem Asphalt) die angetriebene Achse. Auch serienmäßige Allradler eignen sich nur bedingt zum Driften - sobald man sie quer hat und aufs Gas geht, ziehen sie sich wieder gerade. Ausnahmen sind auch hier Wettbewerbsautos, bei denen die Kraftverteilung regelbar ist; so lässt sich die Mehrheit des Drehmoments an die Hinterachse leiten und der Allradler fährt sich eher wie ein Hecktriebler. Nur Letztere lassen sich klassisch übers Gaspedal lenken (siehe Punkt 8).

7. Wie leite ich den Drift ein?

Es gibt viele Möglichkeiten, ein Auto in die instabile Lage zu bringen. Hier die vier wichtigsten: das Anpendeln in Kombination mit Lastwechsel, das Herunterschalten und Einkuppeln, der Zug an der Handbremse sowie der Clutch-Kick. Das Anpendeln kommt aus dem Rallye-Sport. Man fährt die Kurve zunächst mit großer, aber kurzer Lenkradbewegung in die Gegenrichtung an und lenkt dann zackig in die Kurve ein, nimmt kurz Gas weg, um die Hinterachse zu entlasten. Das schaukelt die Karosserie auf, und der Grip reißt ab. In diesem Moment geht man ans Gas und stabilisiert den Drift.

Möglichkeit Nummer zwei: Vor der Kurve schaltet man einen Gang herunter, lässt die Kupplung aber erst nach dem Einlenken hart einrücken. Dadurch entsteht kurz Schlupf an den Hinterrädern und das Heck bricht aus. Das Gleiche passiert im Prinzip beim Zug an der Handbremse. Beim Clutch-Kick, also dem kurzen Tritt auf die Kupplung unter Volllast, entsteht ebenfalls Schlupf an den Hinterrädern. Hierfür empfiehlt sich allerdings der Umbau auf eine verstärkte Kupplung, da die Belastung enorm ist. Das häufig zu lesende abrupte Gasgeben in der Kurve (Power-Oversteering) führt übrigens selten zu kontrollierten Drifts, sondern häufig zum Dreher oder zumindest ins Untersteuern, weil die Grip-Möglichkeiten der Vorderachse dabei oft überbeansprucht werden.

8. Was heißt "mit dem Gaspedal lenken"?

Hat man die Hinterachse zum Ausbrechen bewegt, ist der Drift initiiert - doch dieser Zustand hält nicht von alleine an. Geht man nun nicht ans Gas, gibt es zwei Möglichkeiten: Das Auto zieht sich wieder gerade. Oder - viel wahrscheinlicher - man kreiselt um die eigene Achse. Sobald man fühlt, dass sich das Heck einzudrehen beginnt, muss man gegenlenken und Gas geben. Gleichzeitig. Diese Koordination erfordert viel Fingerspitzengefühl und Übung. Häufig empfohlene abrupte Gasstöße führen meist nicht zu einem konstanten Drift. Diesen erzielt man nur mit kontinuierlichem Schlupf. Allerdings muss der Gasfuß fein dosieren. Mehr Last an der Hinterachse sorgt für stärker durchdrehende Räder und vergrößert den Driftwinkel. Weniger Last verkleinert ihn entsprechend. Weil die Lenkung dabei nur feinjustiert (sie bleibt bei den Profis erstaunlich ruhig), übernimmt das Gaspedal die Hauptsteuerung des Winkels.

9. Wie beende ich den Drift?

Am Kurvenausgang reduziert man den Schlupf an der Hinterachse sukzessive, geht also langsam vom Gas und nimmt gleichzeitig den Lenkeinschlag zurück. Das muss unbedingt weich, aber zügig geschehen. Jede abrupte Bewegung kann zu einem gefürchteten Konter (Gegenschlag) führen und im Dreher enden. Im besten Falle stehen Lenkrad und Räder am Kurvenausgang wieder gerade und man beschleunigt voll durch auf die nächste Gerade.

10. Wie vermeide ich Dreher?

Untersteuert das Auto am Kurveneingang, war man beim Einlenken zu schnell. Dann sollte man den Driftversuch abbrechen. Wer nun dennoch auf Biegen und Brechen an der Handbremse zieht, riskiert eine Pirouette. Wer sein Auto so weit quer stellt, dass er am Anschlag gegenlenken muss, hat keinen Spielraum mehr. Besser etwas Luft lassen, dann kann man korrigieren, falls etwas Unvorhergesehenes geschieht; etwa wenn das Heck auf eine rutschige Stelle gerät. Noch eine alte, aber wichtige Regel am Schluss: Ein verlorener Drift bleibt verloren - ist der Lenkwinkel am Anschlag und das Gegenlenken reicht nicht mehr aus, schnell aufs Kupplungspedal und den Kraftschluss lösen. Letzte Rettung: voll auf die Bremse. Geschwindigkeit abbauen, Dreher hinnehmen. Und erneut versuchen.