Bürgerentscheid mit großer Mehrheit gewonnen
BMW darf Akku-Gigafactory in Niederbayern bauen

Nach einem haushoch gewonnenen Bürgerentscheid gibt es grünes Licht für ein neues BMW-Batteriewerk am Rand des Bayerischen Walds. Dort entstehen künftig bis zu 600.000 Akkus jährlich für Elektro-Modelle des Konzerns.

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Foto: BMW

Rund 3.400 Einwohner hat Straßkirchen im Landkreis Straubing-Bogen; verteilt auf 15 Ortsteile eine typische niederbayrische Gemeinde, südlich des Bayerischen Wald gelegen. Seit Februar 2023 wird dort im beschaulichen Gäuboden jedoch große Politik geschrieben, nachdem bekannt wurde, dass BMW auf 105 Hektar Ackerland eine neue Batteriefabrik errichten will. Mit einer Kapazität von bis zu 600.000 Komplettbatterien im Jahr sollen die nahegelegenen BMW-Werke Dingolfing und Regensburg sowie das Werk in München beliefert werden.

Der große E-Ratgeber

Das mit dem Ackerland war jedoch auch ein ganz heißes Eisen in der Diskussion. Denn der Gäuboden mit seinen fruchtbaren Lössböden am Rand der Donau gilt als Kornkammer Bayerns und ist sehr landwirtschaftlich geprägt. Dass hier auf 105 Hektar Ackerland auf dem Gebiet der Nachbargemeinden Straßkirchen und Irlbach ein Industriekomplex aufgezogen werden soll, brachte Gegner auf den Plan. Diese befürchteten zusätzlich einen bevorstehenden Verkehrskollaps in der Region, wenn Hunderte Lkw und tausende Arbeitnehmer täglich über die Straßen rund um das künftige Werk rumpeln.

Es gab keinen Plan B

Eine Bürgerinitiative führte schließlich zu einem Bürgerentscheid, der nun am vergangenen Sonntag (24. September) zur Abstimmung kam. Nachdem die zuständigen Gemeinden Straßkirchen und Irlbach einstimmig für das Projekt votiert hatten, sollten die Straßkirchener Bürger das Wort haben. Rund 2.800 wahlberechtigte Einwohner entschieden demnach über ziemlich große Politik, die sogar aus der Bundesregierung adressiert wurde. BMW selbst hatte im Vorfeld klargemacht, dass es im Falle einer Ablehnung keinen Plan B für ein Batteriewerk in Bayern gibt und die Produktion ansonsten vermutlich im Ausland angesiedelt würde.

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BMW

Jubel und Erleichterung bei den Befürwortern der BMW-Ansiedlung – die kleine Gemeinde Straßkirchen stand im Fokus der großen Wirtschaftspolitik.

Dieser Bedeutung angemessen war dann auch das Finale des monatelang ausgetragenen Zwists zwischen Befürwortern und Gegnern der BMW-Ansiedlung. Selbst aus der bayrischen Landesregierung hatte sich der Bauminister auf Weg ins Wahllokal gemacht; die Lokalpresse schaltete einen Live-Ticker im Internet.

Bemerkenswert hohe Wahlbeteiligung

Die Entscheidung fiel dann eindeutig aus. Während die vor Ort im Wahllokal abgegebenen Stimmen (rund 300) noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Befürwortern und der Bürgerinitiative "Lebenswerter Gäuboden" vermuten ließen, brachte die Auszählung der Briefwahl (rund 1.500 Wahlbeteiligte) ein glasklares Votum pro BMW. Bei der für einen Bürgerentscheid bemerkenswert hohen Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent sprachen sich rund 75 Prozent der Wähler dafür aus, dass die Bauleitplanung für das Werk fortgeführt wird. Dass diese Entscheidung auch in München als sehr wichtig wahrgenommen wurde, unterstrich BMW damit, dass noch sonntagabends um 21 Uhr eine umfangreiche Pressemitteilung zum Bürgerentscheid versendet wurde.

BMW hatte im Vorfeld viel Werbung in eigener Sache vor Ort betrieben, einen Info-Pavillon in Straßkirchen aufgebaut, eine eigene umfangreiche Info-Seite ins Internet gehoben und Verkehrskonzepte vorgestellt. Selbst ein Besuch der hochmodernen BMW-Werkfeuerwehr aus Dingolfing bei den örtlichen Feuerwehren von Straßkirchen, Irlbach, Schambach und Paitzkofen wurde organisiert; so etwas kommt in Bayern auf dem Land mit den vielen Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehr besonders gut an. Die Erleichterung über den Bürgerentscheid war den Befürwortern entsprechend anzumerken. Das lokale Nachrichtenportal idowa.de, welches am Wahlsonntag live über die Entscheidung berichtete, zitiert den Bauminister Christian Bernreiter (CSU) mit den Worten "Ich war nervöser als bei meiner eigenen Wahl".

Zunächst 60 Hektar als Baufläche

Auf dem etwa 105 Hektar großen Areal sind zunächst etwa 60 Hektar als Produktionsstandort vorgesehen. Für die verbleibenden 45 Hektar gibt es Ausbauszenarien, aber noch keine Entscheidungen hinsichtlich des Umfangs und Zeitpunkts der Bebauung. Zudem bestehen Ankaufsrechte auf ca. 29 weitere Hektar angrenzender Fläche. Diese Optionsfläche wird aktuell von den jeweiligen Eigentümern bewirtschaftet. Die BMW Group plant, mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts rund 1.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am zukünftigen Produktionsstandort zu beschäftigen. Rund 600.000 Batteriepakete für Elektroautos des Konzerns sollen hier im Jahr gebaut werden, wenn die Produktion vollständig hochgefahren ist.

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Fazit

Klatsche für die Gegner, klares Votum für die Neuansiedlung: Der Bürgerentscheid in einer kleinen niederbayrischen Provinzgemeinde schlägt große Wellen in der deutschen Industriepolitik. BMW wird ein weiteres großes Werk in Niederbayern errichten; diesmal für Antriebsbatterien, die Zukunfts-Technologie. Dass die im Vorfeld recht emotional geführte Debatte zu einem so eindeutigen Votum für den neuen Produktionsstandort führte, ist nicht nur der aufwendigen BMW-Lobbyarbeit vor Ort zu verdanken. Die Menschen in der strukturschwachen Region wissen recht genau, was sie an dem Arbeitgeber haben. Abertausende Mitarbeiter aus Niederbayern und dem Bayerischen Wald pendeln täglich in den Werksbussen zu den BMW-Produktionsstandorten. In den meisten Familien der Region arbeitet irgendjemand "beim BMW" – das prägt.