Tech-Start-up Argo AI wird aufgelöst
Aus für Robo-Auto-Entwickler

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Die Kooperationspartner Ford und Volkswagen ziehen beim Tech-Unternehmen Argo AI den Stecker. Technologien für autonomes Fahren werden künfig wieder selbst entwickelt.

10/2022, Argo AI
Foto: Argo AI

Neben dem Google-Schwesterunternehmen Waymo galt vor allem Argo AI als einer der Hoffnungsträger auf dem Gebiet des autonomen Fahrens. Das Start-up war auch Thema bei der beschlossenen Kooperation von Ford mit Volkswagen, die eine Lizenznutzung des MEB (Modularer Elektroantriebs-Baukasten) und eine Zusammenarbeit beim Bau von Nutzfahrzeugen umfasst.

VW und Ford investierten Milliarden in Argo AI

Die Wolfsburger haben 2019 eine Investition 2,6 Milliarden Dollar an der Ford-Tochter Argo AI angekündigt. Eine Millionen Dollar wurde direkt investiert, der Rest wurde durch die VW-Tochter Autonomous Intelligent Driving (AID) aus München beigesteuert, die in Argo AI aufging und mit 1,6 Milliarden Dollar bewertet wurde. Ford investierte zur Gründung etwa eine Millionen Dollar. Ford und Volkswagen hielten zuletzt jeweils 40 Prozent der Anteile an Argo AI.

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Die große Euphorie der Tech-Szene sowie der Autohersteller für das autonome Fahren hat sich mittlerweile gelegt. Technische Fortschritte werden nicht in der vorausgesagten Geschwindigkeit erreicht, zudem gibt es nach wie vor Hürden bei den Zulassungsbestimmungen in einer Vielzahl von Ländern. Autonomes Fahren nach Level 4, also mit Sicherheitsfahrer an Bord, ist aktuell nur im Rahmen von Tests im öffentlichen Nahverkehr auf exakt begrenzten Routen oder auf abgesperrtem Terrain zu sehen. Immerhin gibt es erste Genehmigungen für das Level 3, beispielsweise für Honda in Japan und Mercedes-Benz mit dem Drive Pilot auch bei uns. Die Fahrassistenz kann auf Autobahnen oder autobahnähnlichen Straßen bis zu einem Tempo von 60 km/h die Steuerung übernehmen, sofern die äußeren Umstände es zulassen. Schon schlechtes Wetter oder ein Tunnel sorgen dafür, dass der Fahrer die Kontrolle übernehmen muss.

Hohe Verluste bei Ford

Obwohl Argo AI zuletzt weitere Fortschritte und neue Kunden für seine Technologie zum autonomen Fahren wie den Ride-Hailing-Dienstleister Lyft verkündete, ziehen Ford und Volkswagen jetzt die Reißleine. Ford schreibt in seinem aktuellen Quartalsbericht Investitionen in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar in das Tech-Start-up ab. Der Nettoverlust fürdas dritte Quartal liege deshalb bei 827 Millionen Dollar. Außerdem wolle man das geplante Budget lieber in die interne Entwicklung von Level 2+ und Level 3 Systeme stecken. Die Firma Argo AI ist damit Geschichte.

Denn auch Volkswagen hat die Zuversicht verlassen. VWs Konzernchef Oliver Blume muss sich beim Thema automatisiertes Fahren die Karten also neu legen. Denn eigentlich sollte die Technik von Argo AI zeitnah ausgerollt werden. Bis 2025 sollte mit der VW-Nutzfahrzeuge-Tochter Moia in Hamburg ein "autonomes, international skalierbares Ridepooling-System" an den Start gebracht werden. Argo AI-Technik fürs Level-4-Fahren wurde bereits in Fahrzeuge verbaut und drehte bespielsweise auf einem Testgelände am Münchner Flughafen seine Runden. Volkswagen erklärte: "Nicht weiter investieren wird Volkswagen in Argo AI." Stattdessen werde man für den PKW-Bereich auf die Entwicklungen der hauseigenen Software-Tochter Cariad setzen die für China zusammen mit Horizon Robotics arbeitet und für den Rest der Welt Bosch zu seinen Partner zählt. Zusammen mit dem deutschen Zulieferer-Giganten wolle man für 2023 erste Funktionen präsentieren.

Für Level 4 fehlt VW noch der Partner

Damit steht die ohnehin in Verruf geratene VW-Tochter Cariad einmal mehr im Rampenlicht und könnte zum Showstopper werden. Denn trotz Milliarden-Budget wird die Software-Einheit des Konzerns regelmäßig für Probleme, Verzögerungen bei neuen Softwaregenerationen und sogar für verschleppte Produktionsstarts neuer Fahrzeuge verantwortlich gemacht. Außerdem bleibt offen, wie genau es in Sachen Level 4 und den Nutzfahrzeugen weiter geht. Denn der Fokus von Cariad liegt ausdrücklich zunächst auf der Entwicklung von "Level-3-Fahrfunktionen für Pkw".

Konzernseitig liegt das Thema automatisiertes Fahren ohnehin bei den Nutzfahrzeugen, genauer bei Moia. Mit wem der Mobilitätsdienstleister künftig gemeinsame Sache machen wird, will der Konzern bald bekannt geben. Denn am Ziel, dass Kunden im Jahr 2025 einen autonom fahrenden ID.Buzz buchen können, halte man fest. Nur die Technik stammt dann von einer anderen Firma.

Sechs Jahre nach der Gründung wird das Unternehmen Argo AI also aufgelöst. Die rund 2.000 Mitarbeiter erhalten Wechselangebote zu den beiden Autokonzernen, wo auch weiterhin in den entsprechenden Abteilungen Assistenzsysteme und Technologien für automatisierte Fahrfunktionen entwickelt werden.

Die Zukunft der Ford-VW-Kooperation

Bleibt die Frage, was mit der anderen Kooperation zwischen VW und Ford wird. Schließlich wollte der US-Autobauer Volkswagens Modularen Elektro-Baukasten (MEB) für seine Zwecke nutzen – und genau dafür sollte Argo AI die Technik fürs automatisierte Fahren entwickeln. Laut der aktuellen Meldung aus Wolfsburg blieben "Alle weiteren Kooperationen mit Ford bleiben unverändert bestehen". Ford und VW sind also zuversichtlich, dass es nicht an der Sache selbst, sondern eher am Technologiepartner gescheitert ist.

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Fazit

Mit Milliarden-Beträgen sind Ford und etwas später Volkswagen beim Start-up Argo AI eingestiegen, um die Entwicklung des autonom fahrenden Autos voranzutreiben. Die Realität zeigt: Roboter-Autos werden die Straßen weniger bald bevölkern als gedacht. Entsprechende Technologien sollen künftig innerhalb der Konzerne und mit anderen Partnern entwickelt werden. Das Unternehmen Argo AI wird aufgelöst.