Führerschein mit 16
Regierung will, das Volk nicht

Die Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag das Mindestalter zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins senken und begleitetes Fahren bereits ab 16 statt wie bisher mit 17 Jahren ermöglichen. Nun zeigt eine Umfrage der Versicherung HUK-Coburg, dass nur ein kleiner Teil dieses Vorhaben unterstützt.

Führerschein
Foto: Andrey Popov via Getty Images

Nach Angaben des Versicherers befürworten lediglich 34 Prozent der Befragten den Führerscheinerwerb bereits ab 16 Jahren. 54 Prozent sprechen sich dagegen aus. Das geht aus einer Sonderauswertung der HUK-Mobilitätsstudie hervor. Dazu wurden bundesweit und repräsentativ 4.173 Personen ab 16 Jahren befragt. Bei Eltern minderjähriger Kinder halten sich Zustimmung und Ablehnung die Waage (jeweils 45 % dafür und dagegen). Unter den 16- bis 24-Jährigen überwiegt mit 45 Prozent die Unterstützung, 40 Prozent sind dagegen.

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Begleitete Fahranfänger sind sicherer

Die HUK spricht sich indes eindeutig für das begleitete Fahren ab 16 Jahren aus. "Wir haben bei den ab 17 Jahren begleitet fahrenden Jugendlichen beobachtet, dass sie auch im Anschluss an diese Phase sicherer unterwegs sind und weniger Unfälle hatten. Das Sammeln von Fahrpraxis in Begleitung einer erfahrenen Person wirkt sich somit positiv aus. Auch wenn der Führerschein mit 16 noch skeptisch betrachtet wird: Wir begrüßen diese Initiative." Aufklärung scheine nötig, so HUK-Vorstand Jörg Rheinländer weiter: "Es scheint an der Zeit, eine fundierte Diskussion zu starten."

Von 2004 an konnten in einzelnen Bundesländern Jugendliche bereits vor der Volljährigkeit den Führerschein erwerben und ein Jahr lang mit einem Erwachsenen an der Seite fahren. Diese Personen sind mittlerweile in ihren mittleren Dreißigern und stehen dem weiteren Vorziehen der Prüfung positiv gegenüber. 50 Prozent der 25- bis 34-Jährigen befürworten den Regierungsplan, lediglich 33 Prozent sind dagegen.

Schadenhäufigkeit geringer

Bei den 18- und 19-Jährigen ist der Effekt durch das "begleitete Fahren" der Analyse zufolge am größten: In der Altersgruppe ist die Schadenhäufigkeit um 28 Prozent niedriger als bei denjenigen, die ohne Begleitperson auf dem Beifahrersitz das Fahren gleich alleinverantwortlich lernen. Auch der ADAC sieht in dem begleitenden Fahren eine Möglichkeit, Unfälle zu verringern.

"Mit dieser Maßnahme kann der Lernzeitraum verdoppelt und das Unfallrisiko der Fahranfängerinnen und Fahranfänger dank der größeren Fahrpraxis weiter reduziert werden", heißt es beim Autoclub. Laut Unfallforschung sei vorwiegend mangelnde Routine und altersbedingte Verhaltensweisen wie eine gewisse Sorglosigkeit und Leichtsinn dafür verantwortlich, dass die Risikogruppe der jungen Fahrer öfter in Unfälle verwickelt ist als ältere Verkehrsteilnehmer. Durchschnittlich fährt ein Fahranfänger mit erwachsener Begleitung circa 1.400 Kilometer, bevor er oder sie allein unterwegs sein darf. Zum Vergleich legen Führerscheinneulinge während der Praxisstunden rund 500 Kilometer zurück – volljährige Fahranfänger, die sofort allein fahren dürfen, haben somit deutlich weniger Fahrpraxis.

Erste Vorschläge zur Probezeit

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) hat bereits verschiedenen Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet. Demnach könnte die Probezeit von zwei auf drei Jahre verlängert werden. Die Fahranfänger könnten diese Probezeit durch Teilnahme an weiterbildenden Kurse verkürzen. Weitere Details gibt es noch nicht, die Umsetzung für das begleitete Fahren mit 16 dürfte sich aber an den Vorgaben für den Führerschein mit 17 orientieren.

Wie funktioniert das "Begleitende Fahren"? Aktuell dürfen Jugendliche ab 17 die Fahrprüfung für die Klasse B und BE ablegen und erhalten die Auflage, bis zum 18. Geburtstag ein Fahrzeug nur in Begleitung einer auf der Prüfbescheinigung eingetragenen Person zu führen. Hier die wichtigsten Antworten.

Ab wann darf man sich anmelden?

Sechs Monate vor dem 17. Geburtstag kann man sich bei einer Fahrschule für den Führerschein der Klasse B oder BE anmelden und einen Antrag an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde stellen. Diesem Antrag müssen die Erziehungsberechtigten zustimmen und eine Begleitperson genannt werden.

Ab wann darf man die theoretische und praktische Prüfung ablegen?

Die Theorieprüfung kann frühestens drei Monate vor dem 17. Geburtstag abgenommen werden, die praktische Prüfung einen Monat vorher.

Bekommt man direkt den Führerschein?

Nein, anstelle des Scheckkartenführerscheins gibt es eine Prüfbescheinigung. Diese gilt bis drei Monate nach der Vollendung des 18. Lebensjahres. Den Führerschein gibt es auf Antrag bei der Fahrerlaubnisbehörde; er wird nach dem 18. Geburtstag ausgehändigt.

Darf man auch im Ausland fahren?

Die Prüfbescheinigung gilt nur in Deutschland, eine Ausnahme stellt Österreich dar. Dort ist die Prüfbescheinigung gültig, aber nur bis zum 18. Geburtstag.

Wie lange dauert die Probezeit?

Die Probezeit nach § 2a StVG beginnt mit der Aushändigung der Prüfbescheinigung, sofern nicht schon die Fahrerlaubnis der Klasse A1 erworben wurde. Die Probezeit dauert zwei Jahre.

Wer kommt als Begleiter infrage?

Die Begleitperson muss mindestens 30 Jahre alt und namentlich auf der Prüfbescheinigung verzeichnet sein. Zum Zeitpunkt der Beantragung darf die Person nicht mehr als einen Punkt im Fahreignungsregister aufweisen und muss seit mindestens fünf Jahren den Führerschein der Klasse B besitzen. Der Begleiter oder die Begleiterin dürfen bei der Fahrt nicht mehr als 0,5 Promille Blutalkohol aufweisen und nicht unter Wirkung anderer berauschender Mittel stehen.

Darf der Begleiter in das Fahrgeschehen eingreifen?

Nein, die Begleiter sind nur Ansprechpartner und greifen nicht ein.

Wie ist die Regelung, wenn die Prüfbescheinigung nicht mitgeführt wird?

Wer die Bescheinigung nicht dabei hat oder sie nicht aushändigt, muss ein Verwarngeld in Höhe von zehn Euro zahlen.

Das droht, wenn man ohne Begleiter fährt?

Der Bußgeldkatalog sieht eine Strafe von 70 Euro und einen Punkt in Flensburg vor. Die Fahrerlaubnis B und BE wird widerrufen. Es handelt sich um einen schwerwiegenden Vorstoß innerhalb der Probezeit; die Neuerteilung des Führerscheins kann nur nach einem Aufbauseminar erfolgen.

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Fazit

Wann das im Koalitionsvertrag verzeichnete "Fahren ab 16" kommt, ist noch ungewiss – auch die Ausgestaltung, die sich jedoch sicher an der aktuellen Regelung für Jugendlich ab 17 Jahren orientiert. Doch die aktuelle Umfrage einer Versicherung zeigt: Die Deutschen stehen dieser Änderung skeptisch gegenüber. Dennoch hält die HUK-Coburg an der Forderung für das Fahren ab 16 fest – auch, weil es viele neue Versicherungskunden gibt, die statistisch auch noch weniger Unfälle bauen. Auch der ADAC sieht die Vorteile für die neue Regelung. Doch auch bei dieser Einschätzung spielen sicherlich die eigenen wirtschaftlichen Interessen eine Rolle.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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