Verbrenner-Joint-Venture Aurobay
„Größter unabhängiger Motoren-Zulieferer weltweit“

Volvo-Mutter Geely und der Renault-Konzern betreiben zusammen das Verbrenner-Joint-Venture Aurobay. Die Zahl der Werke und gebauten Motoren ist enorm. Künftig soll ein Mineralölriese als strategischer Partner hinzukommen.

Aurobay Motoren-Joint-Venture Renault Geely
Foto: Aurobay Powertrain Engineering Sweden AB

Der Automobilhersteller Renault hatte im Sommer 2022 angekündigt, das Geschäft mit Elektroautos in Zukunft in einer separaten Einheit zu bündeln. Die Sparte heißt Ampere und soll noch im Verlauf des zweiten Halbjahres 2023 an die Börse gehen. Die dadurch zwangsläufig entstehende Einheit für Verbrenner und Hybride wollten die Franzosen allerdings nicht allein führen. Also kauften sie sich im März 2023 als 50-prozentiger Anteilseigner in den Zulieferer Aurobay Powertrain Engineering Sweden AB ein. Das Unternehmen produziert bereits seit 2021 Motoren und Getriebe für die Geely-Tochtermarken Volvo, Polestar, Lynk & Co sowie Proton. Künftig kommen die Aurobay-Antriebe also auch in Modellen von Renault, Dacia und Co. zum Einsatz.

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Aurobay hat seinen Hauptsitz in der schwedischen Stadt Göteborg. Momentan produziert die Firma ihre Antriebe in zehn Fabriken – neun in China, eine in Schweden. Renault kommt nun mit sieben Fabriken dazu. Dazu gibt es fünf Entwicklungszentren auf drei Kontinenten. 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauen jährlich fünf Millionen Motoren. Das Ziel der jungen Firma, so Ruiping Wang, CEO von Aurobay, "liegt bei acht Millionen". Und die chinesische Managerin gibt sich selbstbewusst: "Wir wollen der größte unabhängige Motoren-Zulieferer weltweit werden."

Verbrenner, Getriebe, Differenziale, Hybridantriebe

Aurobay baut derzeit Drei- und Vierzylinder-Motoren mit Hubräumen von 1,5 bis zwei Liter. Die Leistungsbreite reicht von 105 PS (1,5 Liter) bis 230 PS (Zweiliter). Künftig sollen 1,2-Liter- und Ein-Liter-Aggregate dazu kommen; sie sind speziell für den südamerikanischen Markt gedacht. Dazu bietet der Zulieferer Getriebe, Differenziale und komplette Hybridantriebe an. Dabei sind die Batterien von neun kWh bis 40 kWh skalierbar. Damit kann man eine rein elektrische Reichweite von bis zu 245 km realisieren. Der erste Hybridantrieb soll in diesen Tagen bei Lynk & Co in Serie gehen.

Außerdem wird daran gedacht, die Motorenpalette weiter auszuweiten: vom Sechszylinder bis zu Zwölfzylindern. Die neue Geely-Beteiligung an Aston Martin lässt grüßen. Und natürlich wurde am Rande der kürzlich durchgeführten IAA in München von Experten spekuliert, dass auch Mercedes-Benz – Geely-Chef Li Shufu hält mit seiner Firma Tenacion3 Prospect Investment Limited 9,69 Prozent der Mercedes-Aktien – ein möglicher Partner für Aurobay sein könnte. Denn die Aurobay-Antriebe, so betont Wang, müssen sich hinter den Motoren der Konkurrenz nicht verstecken und seien dabei preiswert. "Wir liegen bei den Kosten bis zu 30 Prozent unter der Konkurrenz", verrät die Chinesin.

Ölmulti Aramco als Investor

Renault und Geely sollen aber nicht die einzigen Partner dieses Verbrenner-Joint-Ventures bleiben. Als dritte Partei steht der Ölkonzern Aramco aus Saudi-Arabien kurz vor einem Einstieg als strategischer Investor. Der Ölmulti hatte bereits im März 2023 eine Absichtserklärung unterzeichnet, um eine potenzielle Minderheitsbeteiligung an Aurobay zu erwerben. Aus Sicht von Aramco ergibt die Investition in noch unbekannter Höhe trotz der zunehmenden Zuwendung zur Elektromobilität und Abkehr vom Verbrennungsmotor Sinn. So können die Saudis die Entwicklung von Modellen, die Benzin oder Diesel auf Öl-Basis als Treibstoff verwenden, direkt beeinflussen und deren Absatz weiter vorantreiben.

Obendrein will Aramco zusammen mit Aurobay "Dekarbonisierungstechnologien für Benzinmotoren" entwickeln und innerhalb des Joint Ventures zu "synthetischen Kraftstoffen und Wasserstofftechnologien der nächsten Generation" forschen. Aktuell arbeitet Aurobay bei Bio- und synthetischen Kraftstoffen bereits mit dem finnischen Mineralölunternehmen Neste zusammen.

Europa als Hauptmarkt

Wer glaubt, Aurobay wäre durch Geely hauptsächlich am asiatischen Markt interessiert, sieht sich getäuscht. Hauptmarkt der neuen Antriebsfirma soll Europa werden. Hier setzt das Joint Venture als Alternative zum E-Auto insbesondere auf Hybridantriebe. Nummer zwei sind die Vereinigten Staaten von Amerika, dann kommt Südamerika. Dort sollen vor allem die kleinen Motoren als Hauptantriebe auf den Markt kommen. Eine eigene Batterieproduktion ist für Anfang 2024 geplant.

Geely und Renault kooperieren seit geraumer Zeit bereits in Südkorea. Im Frühsommer 2022 hatten sich die Chinesen mit einem Anteil von gut 34 Prozent an Renault-Samsung-Motors beteiligt. Neue Modelle, auch für den Export, sollen in Zukunft auf der von Geely entwickelten CMA-Plattform (Compact Modular Architecture) entstehen.

Hinweis: In der Fotoshow stellen wir Ihnen den Modellfahrplan innerhalb der Renault-Zukunftsstrategie "Renaulution" vor.

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Fazit

Renault spaltet sich auf und trennt das Geschäft mit den Elektroautos (Ampere) vom jenem mit Verbrennern und Hybriden. Für die letztgenannte Sparte beteiligen sich die Franzosen zur Hälfte an Aurobay, dem Verbrennungsmotor-Fertiger des Geely-Konzerns. Daneben soll zusätzlich der saudische Ölmulti Aramco einsteigen.

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