Opel mit Gewinn
Profitabel – aber wie geht’s wirklich weiter?

Opel hat für 2018 einen Rekordgewinn vermeldet – den höchsten in der Unternehmensgeschichte – und soll wieder Autos in Russland verkaufen. Aber wie geht's jetzt mit der deutschen Marke im französischen Konzern wirklich weiter?

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Foto: SB-Medien

Die Arbeitnehmer bei Opel können noch nicht aufatmen. PSA-Chef Carlos Tavares ist wohl ein großer Charles Darwin-Fan, denn dieser muss stets als Beispiel herhalten, wenn es Zukunftsstrategien und Pläne geht, die länger als drei Jahre dauern. Im automobilen Wettbewerb werden auch nur die Stärksten und Anpassungsfähigsten überleben, philosophiert er dann gerne. Nach der Bilanzierung der 2018er-Ergebnisse kürzlich, wurde Tavares dann noch einen Tick konkreter: „Entweder wir passen uns an und verändern uns. Oder wir sterben“, so der Konzernchef. Der Konzern muss seiner Meinung nach durch eine „darwinistische Transformation“.

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Opel mit weniger Rendite als französische Marken

Was er sich darunter ganz exakt vorstellt, ist nicht klar. Noch nicht. Aber die PSA-Bilanz-Zahlen geben zumindest Anhaltspunkte: Der Umsatz des deutsch-französischen Markenverbunds stieg um 19 Prozent auf 74 Milliarden Euro. Der Gewinn stieg 2018 in Europa sogar um 43 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. Das ist die beste Bilanz der Unternehmensgeschichte.

Allein auf die Marke Opel heruntergebrochen, ist der Jubel der positiven Zahlen zwar laut, aber kurz. Der operative Jahresgewinn beträgt 859 Millionen Euro – das höchste Betriebsergebnis in der 157-jährigen Geschichte des Unternehmens. Laut PSA hat Opel im vergangenen Jahr eine operative Rendite von 4,7 Prozent erwirtschaftet. Die Gewinnmargen der französischen Schwestermarken lagen aber bei 8,4 Prozent. Da fehlt als noch einiges. Ums so mehr, als der Opel-Gewinn 2018 die Restrukturierungskosten in Höhe von 512 Millionen Euro nicht beinhaltet. Rechnet man diese mit ein, liegt das Opel-Betriebsergebnis für 2018 nur noch bei 283 Millionen Euro – und die Rendite bei 1,5 Prozent.

Immerhin: Bei der Vorstellung des Sanierungsplans „Pace“ im November 2017 war der Plan noch, dass Opel (spätestens) 2020 schwarze Zahlen schreiben soll. Das ist jetzt zwei Jahre früher gelungen.

Opel-Werke weiter auf PSA-Niveau trimmen

PSA-Chef Tavares will aus der PSA-Gruppe einen internationalen Player machen und die Verkäufe außerhalb Europas bis 2021 um 50 Prozent steigern. Dafür positioniert er die Marken in neuen Märkten: Peugeot geht nach Nordamerika, Citroën nach Indien und Opel wieder zurück nach Russland. Die Präsenz der Premium-Marke DS Automobiles soll weiter ausgebaut und insgesamt internationaler werden.

In welchen Werken das abgebildet werden soll, bleibt noch geheim. Klar ist nur, dass die Opel-Werke in punkto Effizienz den französischen Konzern-Marken hinterherhinken. Tavares bemisst dies im Anteil der Lohnkosten am Umsatz. Dieser liegt bei 12,6 Prozent in Opels Werken; bei Peugeot liege dieser bei nur 9,7 Prozent. Auch hier scheint Opel laut PSA auf einem guten Weg: Die Fixkosten bei Opel seien im ersten Halbjahr 2018 im Vergleich zu 2017 um 28 Prozent gesunken, so die Franzosen.

Tavares will vermutlich bis Ablauf seines Strategieplan „Push to Pass“ in 2021 soweit sein, dass die Opelaner mit den Peugeot-Citroën-Werken gleichauf liegen. Dann erst würde seiner Ansicht nach ein Produktionsverbund möglich, wo Peugeot oder Citroën in einem Opel-Werk gefertigt werden könnte.

Widerstand gegen Verkauf des Entwicklungszentrums

Ob er dafür wirklich Teile des Opel-Entwicklungszentrum verkaufen muss? Dabei müssten 2000 der knapp 7000 Ingenieure zum französischen Dienstleister Segula wechseln. Das würde sicher Kosten sparen, aber der Widerstand dagegen ist groß: Bislang gibt es keine Einigung mit dem Opel-Betriebsrat oder IG Metall.

Die Frage ist, wie viel Ingenieurskompetenz von Opel künftig gefragt ist. Denn Opel kann seine Neuheiten in Zukunft auf Basis von lediglich zwei PSA-Plattformen mit erheblich weniger Aufwand und viel günstiger entwickeln, Elektro-Antriebe und Plug-in-Hybride inklusive. Der Bestseller Mokka X, der noch mit GM-Technik unterwegs ist, kriegt 2020 einen Nachfolger mit der französischen Technik, beim schon 2019 debütierenden Corsa ist es ähnlich: Er ist technisch nah am neuen Peugeot 208. Dafür gibt es ihn wie den französischen Zwilling auch noch dieses Jahr als rein elektrische Version

Wie geht’s mit den Opel-Modellen weiter, welche kommen neu?

Aber es müssen auch Modelle entfallen – Karl, Adam und Cascada laufen spätestens Ende 2019 aus. Nicht von allen dieser Modelle sind die Stückzahlen unerheblich: Der Adam etwa fand 2018 im wichtigen deutschen Markt 22.297 Käufer, der Crossland mit PSA-Technik verkaufte sich 80 Mal weniger, den Astra ohne französische Plattform haben die Deutschen 2018 fast 46.000 Mal zugelassen. Das meistverkaufte Modell war allerdings das dienstälteste, ebenfalls mit Opel-Technik: 47.848 mal rollte 2018 ein Corsa zu einer Zulassungsstelle. Der beliebte Kleinwagen könnte also ein echter Prüfstein dafür werden, wie die neuen Opel-Modelle mit PSA-Technik bei den Kunden ankommen.

Mehr noch wird es vielleicht der Nachfolger des Insignia. Der Mittelklasse-Opel ist mit dem Modellwechsel ein richtig gutes Auto geworden, kämpft aber als Limousine bzw. Kombi gegen den Zeitgeist, der nach SUV und Crossover in jedem Segment schreit: Nur 24.755 Stück hat Opel 2018 in Deutschland verkauft, obwohl die Rabatte inzwischen auf einem schmerzhaften Niveau angekommen sind. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum gingen gut 70.000 VW Passat über den Tisch (Platz 4 der Zulassungsstatistik). Auch hier sind inzwischen hohe Rabatte üblich. Warum, zeigt der Blick auf Platz zwei der Verkaufshitliste: Da thront mit fast 75.000 Zulassungen der Tiguan. Das Opel-Pendant Grandland X, der allerdings auch nicht mit Allradantrieb zu haben ist, schafft es mit 16.409 Neuzulassungen nicht mal in die Top 50.

Es muss also nicht zwingend der richtige Weg sein, den Insignia-Nachfolger als Peugeot-5008-Klon auf den Markt zu bringen. So was hätte man sich auch für den Zafira IV vorstellen können – aber den hat Opel unlängst als Zafira Life auf Basis des Peugeot Traveller vorgestellt. der Van wurde so zum Bus im Format des VW T6. Aber für die Opel-Mittelklasse stünde auch die 508-Plattform zur Verfügung. Für diese Modellentscheidung wäre an sich noch Zeit, ein Generationswechsel wäre regulär 2024 fällig. Aber PSA wird Kosten für die Nutzung unter GM entwickelter Technik eher früher von der Backe haben wollen.

PSA schickt Opel noch 2019 zurück nach Russland

Wie der Insignia III aussieht, könnte auch damit zusammenhängen, wo PSA die künftigen Absatzmärkte für Opel sieht. In seinem jetzt veröffentlichten „Push to Pass-Plan, Teil 2“ kündigt PSA an, die Marke Opel wieder auf dem russischen Markt zu etablieren zu wollen. Ziel der PSA-Gruppe ist es, die Verkäufe außerhalb Europas bis 2021 um 50 Prozent zu steigern und die Marken in neuen Märkten zu positionieren. Unter GM musste sich Opel 2015 aus Russland zurückziehen. Das Russland-Comeback soll noch 2019 mit drei Modellen erfolgen. Der Grandland X, der Zafira Life und der Vivaro kommen im vierten Quartal auf russischen Markt. Die beiden letztgenannten werden im russischen Werk in Kaluga gefertigt. 2020 sollen dann weitere Modelle für Russland folgen.

In Europa ist PSA seit dem Kauf von Opel hinter VW der Konzern mit dem zweitgrößten Absatz (16,2 Prozent Marktanteil). VW kommt auf 23,8 Prozent. Peugeot als Marke rangiert hinter VW, Renault und Ford mit 6,3 Prozent auf Position vier, Opel mit 5,7 Prozent auf fünf.

Fazit

„Entweder wir passen uns an. Oder wir sterben“, sagt Carlos Tavares. Für Opel heißt das: Ohne Profitabilität keine Zukunft. Wenn sich Opel in die Entwicklung neuer Modelle noch so weit einbringen kann, wie mit dem GT X Experimental angedeutet, bleibt von der deutschen Marke im französischen Konzern genug Identität, um nicht nur profitabel, sondern auch selbst erfolgreich zu werden. Schlichtes Badge-Engineering wäre dafür zu wenig und hat Opel schon mal in existenzielle Not gebracht.

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