Audi RS3 und Mercedes CLA 45 AMG Test
Überlegene Performance, knappes Ergebnis

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Audi RS3 Sportback und Mercedes CLA 45 AMG Shooting Brake distanzieren sich vom gängigen Kompakt-Dresscode, und haben eine heimliche Vorliebe für die härtere Gangart. Verruchtes Kombi-Coupé oder Fünfzylinder-Wumme? Test.

Audi RS 3 Sportback, Mercedes CLA 45 AMG Shooting Brake, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Meldung letztes Jahr über die Auto-Channels im Netz: „Vier statt fünf“, titelten die einen, „Ende Legende“, spöttelten andere. Drunter sah man das Bild des getarnten Audi RS3, dann wurde teils recht einleuchtend erklärt, warum es mit dem Fünfzylinder nun zu Ende geht, und ganz unten standen die User-Kommentare. Aus manchen sprach Zorn, aus anderen Fassungslosigkeit, aus allen Enttäuschung.

Fünfzylinder im RS3 so stark wie nie

Seit ein paar Monaten ist klar: Der Teufel war nur an die Wand gemalt. Wie es zu den Schmierereien kommen konnte? Kaum festzustellen. Vielleicht hat sich irgendwer im Kaffeesatz verlesen oder von der damaligen TT-Studie mit 420-PS-Zwoliter aufs Glatteis führen lassen. Letztlich wurst, Hauptsache, der Fünfzylinder ist nach seiner kleinen Schaffenspause wieder zurück: wie eh und je 2.480 Kubik groß, aber mit 367 PS und 465 Nm so stark wie nie.

Der CLA Shooting Brake legt ganz besonderen Wert darauf, kein Kombi zu sein. Hohlkreuz, Heckdeckel, vier Türen – wer würde da auch auf den Gedanken kommen? Beim Audi RS3 ist es mit der Uniformität in Zukunft ebenfalls vorbei. Die Limousine ist gesetzt, ein Cabrio nicht undenkbar. Zunächst jedoch bleibt es bei der Sportback-Version und – definitiv – beim Doppelkuppler. Handschaltung? Nicht vorgesehen! Die Nachfrage regle das Angebot, die Kunden wollten das so. Bla, bla. Übersetzt: Wir sind am Ende selber schuld.

So fehlt einem im ersten Moment ein bisschen der Aha-Effekt: ein paar Sitzstickereien, Lenkrad mit Alcantara-Flicken, rote Einlagen in den Ausströmerdüsen – den Rest gibt's genauso im TDI. Und auch der Generationssprung ändert zunächst nicht die Welt. Noch immer hört man das klassische Fünfzylinder Singen so richtig nur in den zahmen Fahrprogrammen, in denen die Abgasanlage noch nicht am Heck rumpoltert und andauernd dazwischenröhrt; und noch immer kommt er einem ausgesprochen bullig vor: in Kurven ebenso wie beim Beschleunigen.

Der Direkteinspritzer turboprustet deftig los, reagiert vielleicht eine Ecke spontaner als zuvor, drückt dann aber nicht großartig kräftiger. Um 15 Nm stieg das Drehmoment – von wenig kommt eben nicht viel. Den 27-PS-Kick spürt man dafür – obenraus, wo der Audi RS3 regelrecht Feuer fängt, Richtung Gipfel fackelt, um beim Hochschalten durch die Endrohre knallzufröscheln. Druck, Drive, Drama – schön, dass du wieder da bist!

Schaltübersetzung kostet – bei beiden

Dabei verschleudert der Audi RS3 – wie der Mercedes CLA 45 AMG Shooting Brake – einen Teil des Potenzials mit der Übersetzung: Bereits der fünfte der sieben Gänge reicht bis über 250, der sechste kommt nur im Falle der Vmax-Anhebung auf 280 ins Spiel. Ergo: Gerade bei der Ela ginge mit kürzerer Spreizung noch einiges mehr.

Alles Jammern auf hohem Niveau. Zumal der Audi RS3 endlich einer ist, der sein Leichtbauversprechen hält: 50 Kilo weniger sollen es sein, 48 sind es. Passt! Mehr noch: Nöte von einst sind inzwischen Tugenden. Vielleicht erinnern Sie sich noch: Der Vorgänger trug vorn breitere Reifen als an der Hinterachse, was damals recht unverblümt als Behelfslösung wegen der Traglastanforderungen kommuniziert wurde. Den Neuen stellen sie in der Basis nun rundum auf 235er. 255er gibt es gegen Aufpreis, wegen des engen Hinterradhauses wieder nur vorn, diesmal aber ausschließlich zugunsten der Fahrdynamik.

Doch die Reifenbreite ist nur ein Glied in einer ganzen Kette an Veränderungen, mit der man das leidige Untersteuern unterbinden will: weitere Spur, fokussiertere Gummimischung von Pirelli, offensiv übersetzte Progressivlenkung mit RS-Kennlinie und – als elementarster Bestandteil womöglich – die radselektive Momentenverteilung, die schon dem TT Beine machte und auch hier funktioniert. Bereits beim Einlenken verlagert sie die Kraftportionen im Allradantrieb so, dass an der Hinterachse ein Eindrehimpuls Richtung Kurvenscheitel entsteht.

Sportlichkeit dringt im CLA 45 AMG Shooting Brake voll durch

Endeffekt: Der Audi RS3 Sportback winkelt im Test eine ganze Ecke neutraler ab, lupft gelegentlich sogar das Heck und baut im weiteren Kurvenverlauf deutlich mehr Seitenführung auf als sein doch eher tapsiger Vorfahre – auch und vor allem unter Last. Mit anderen Worten: Die kopflastige Gewichtsverteilung zieht sich ein gutes Stück aus dem Kurvenverhalten zurück, obwohl sie sich faktisch nur im Nachkommabereich verschiebt.

Auch Mercedes optimierte beim A 45 AMG Shooting Brake die Balance – allein die Ursache ist eine andere. Generell ist er das ausgewogenste aller A-Klasse-Derivate. Nicht dass sie ihm vornerum irgendetwas abgeknabbert hätten, sondern schlicht und einfach, weil man ihm ordentlich was auf den Rücken schnallt. Stolze 1.659 Kilo wiegt er insgesamt, 74 mehr als ein A 45, glatte 60 Kilo mehr als der Audi RS3.

Das Verblüffende: Füllig wirkt der Großraum-CLA beileibe nicht, sogar ganz im Gegenteil. Denn im Gegensatz zum Audi RS3, der seine Sportlichkeit an manchen Stellen etwas abpolstert, dringt sie im dünnwandigeren Mercedes quasi ungefiltert zu einem durch: übers rabaukige Fahrwerk, über den quirliger hochdrehenden Motor und über die omnipräsente Abgasanlage, die das Vierzylindergewimmer erst mal niedergrölt, dann permanent am Heck rumnörgelt und beim Gangwechsel noch frecher rotzt als der Audi RS3. Kurzum: Das Kombiheck, pardon: das Shooting-Brake-Dress, ändert vielleicht die Aussicht gen Heck, das Flair des 45ers bleibt dasselbe – inklusive aller Vor-, aber auch aller Nachteile.

Bulle schlägt Krawallschachtel

Sie ahnen, was kommt: Genau, zwischen Gas und Druck klafft noch immer ein riesiges Turboloch. Und ja, auch der Mercedes CLA 45 AMG Shooting Brake zickt nach Launch-Control-Starts. Neu ist nur, dass diesmal schon nach dem ersten Mal die Selbtschutzanlage zuschnappt. Es folgt das übliche Prozedere: kaltfahren, gut zureden, nächster Versuch – und alles wieder von vorn. Woran es liegt? Vielleicht ist das rabiate Einkuppeln für die Lamellen des Allradantriebs wirklich zu viel. Vielleicht ist man mit dem Notprogramm übervorsichtig?

Im Prinzip egal: Denn Audi zeigt, dass es auch anders geht. Der Audi RS3 fällt beim Jumpstart ähnlich gnadenlos über seinen Haldex-Quattro her, schlupft sogar ganz kurz an allen vieren, um dann loszustampfen. Jäh, gewaltig und erst ab dem vierten Versuch mit einer leichten Glitschigkeit im Kraftschluss.

Dennoch: Der Mercedes wehrt sich im Test tapfer gegen die drohende Vorentscheidung. Auf Landstraßen fühlt er sich mit seiner trockenen Abstimmung sogar griffiger an, turnt trotz des Mehrgewichts genauso schnell durch den Slalom und brezelt gewohnt herzerfrischend durch Hockenheim. Im Alltag stolpern Motor und Getriebe schon übereinander, auf Zug gehalten harmonieren sie indes perfekt. Der Bremse merkt man selbst mehrere schnelle Runden am Stück nicht an, und auch die Dunlops halten tapferer durch als die Audi-Pneus.

Audi RS3 in Hockenheim eine Sekunde schneller

Dass sich der Mercedes CLA 45 AMG Shooting Brake im Test trotzdem eine ganze Sekunde Rückstand auf den Audi RS3 einhandelt, hat zwei Gründe: Einmal das zögerlichere Einlenkverhalten, diese Millisekunde, die zwischen Lenkaktion und Reaktion liegt, und seine nicht ganz so belastbare Vorderachse, der vor allem unter Zug früher die Haftung abreißt. Noch mal: Wirkliche Schwächen sind das nicht, nur ist der Audi in beiden Punkten eben eine Ecke energischer.

Besserer Sprint, weniger Kilo pro PS, schneller im Ring – es hätte ein lockerer Testsieg für den Audi RS3 werden können. Ach woher: werden müssen. Und doch schmeißt er ihn fast noch weg – auf der Bremse, schon wieder. Diesmal haperts jedoch nicht an der Standfestigkeit, sondern am ABS, das schon auf der Runde recht wirr herum regelte und letztlich auch die Standardmessung sabotiert. Mal ehrlich: Ein Auto, das in 4,2 Sekunden auf 100 geht, bremst nicht über 37 Meter, grundsätzlich schon mal und erst recht, wenn der Vorgänger nach 35 steht. Dynamik ist keine Einbahnstraße, Punkt!

Ein möglicher Ausweg könnte die optionale Keramikbremse sein. Sie ist ein Novum, aus unerfindlichen Gründen aber nicht verbaut. Hätte, wäre, wenn. In jedem Fall muss Audi an der Bremserei arbeiten, dringendst. Sonst geht das Geschnatter los – und diesmal nicht, weil wieder irgendwer eine Ente publiziert.

Fazit

Mehr Bums, mehr Performance, dazu das herrliche Fünfzylinderflair und sogar den Mercedes geputzt. Doch Obacht! Der BMW M135i, der kompaktere A 45, ja sogar sein eigener Vorgänger wäre hier wohl vor dem Audi RS3 gelandet – weil er auf der Bremse verwachst. Auch der Mercedes ist nicht frei von Problemen, vor allem im Sprint, wo er seiner Launch Control einfach nicht gewachsen ist. Überhaupt wirkt er herber: im Klang, im Fahrwerk, im Innenraum – nur kurvt er eben nicht gar so wildentschlossen wie der deutlich querdynamisierte Audi RS3.

Technische Daten
Mercedes CLA 45 AMG 4Matic Shooting Brake AMGAudi RS3 Sportback
Grundpreis57.269 €53.500 €
Außenmaße4630 x 1777 x 1435 mm4343 x 1800 x 1411 mm
Kofferraumvolumen495 bis 1354 l280 bis 1120 l
Hubraum / Motor1991 cm³ / 4-Zylinder2480 cm³ / 5-Zylinder
Leistung265 kW / 360 PS bei 6000 U/min270 kW / 367 PS bei 5550 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h4,9 s4,2 s
Verbrauch6,9 l/100 km8,1 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten