Android- und Apple-Integration
Auch VW integriert Smartphones

Erst vor ein paar Wochen hat Opel angekündigt, künftig nahezu alle Autos mit Online-Zugang auszurüsten. VW reagiert mit der Integration von Android Auto (Google) und CarPlay (Apple) – die bietet Opel ab Herbst.

Opel Intellilink
Foto: Opel

Hat VW einen Trend verschlafen?

Na, das klingt aber mal schwer nach zweiter Sieger: Kaum präsentiert Opel seine umfassende Internet-Anbindung Onstar, kontert VW mit einem erweiterten Car-Net-Angebot. Hat der Marktführer etwa einen wichtigen Trend verschlafen und muss jetzt eilig nachziehen?

Schaut man sich die neuen Funktionen genau an, ändert sich das Bild: Bei den neuen Diensten von VW handelt es sich in erster Linie um eine verbesserte Smartphone-Anbindung, die es erlaubt, Handy-Apps über den Bordmonitor sicher und legal während der Fahrt zu benutzen. Bisher setzte VW auf den Mirrorlink-Standard, der jedoch nur von wenigen Handys unterstützt wird. An diesem grundsätzlichen Mirrorlink-Problem dürfte sich auch in Zukunft nichts ändern, weshalb VW (und auch Skoda) seine Infotainment-Systeme für die Standards von Apple (CarPlay) und Google (Android Auto) öffnet. Hier sind die Schnittstellen fest ins Betriebssystem der Smartphones integriert, weshalb fast 90 Prozent der in Deutschland benutzten Handys mit einem Streich automotive-tauglich werden.

Unsere Highlights

Opel startet die Integration von CarPlay und Android Auto bereit ab Spätsommer mit der Einführung des neuen Astra, der auf der IAA debütieren wird. Auch für den neuen Opel-Kleinwagen Karl kommt die neue Konnektivität. Der Adam hingegen fährt zunächst noch mit der Opel-eigenen Smartphone-Integration (dem gut funktionierenden Gegenstück zu Mirrorlink) weiter; deren Tage dürften aber mit der markenweiten Neuerung gezählt sein.

Günstige Navi-Alternative

Praktisch hier wie dort: Auch Navigationslose Infotainmentsysteme werden mit dem gekoppelten Smartphone zum Routenführer und Musik-Unterhalter. "Composition Media" heißt das Einstiegsgerät bei VW, IntelliLink R 4.0 bei Opel. Zusätzlich bündelt VW die Online-Funktionen seiner Navi-Geräte unter dem Namen Car-Net - also solche Dienste, die nicht vom Smartphone eingespiegelt werden wie Live-Staudienste oder die Spritpreis-Anzeige umliegender Tankstellen. Diese Funktionen laufen über eine eigene SIM-Karte, die sich der Fahrer besorgen muss.

Womit wir beim Haupt-Unterschied zu Opel Onstar wären: Hier Integriert Opel ein Telekommunikationsmodul mit einer eigenen SIM-Karte. Dieses Modul fungiert unter anderem als WLAN-Hotspot, in den sich bis zu sieben Endgeräte einwählen können, ebenso als Notfallassistent, der bei einem Unfall automatisch Hilfe ruft und bietet sogar einen Concierge-Service, der während der Fahrt telefonischen Beistand leistet – etwa um ein Hotelzimmer zu reservieren.

Der Kunde bezahlt mit seinen Daten

Zudem ist Onstar mit der Fahrzeug-Elektronik verbandelt, weshalb sich das Auto meldet, wenn es eine Reparatur braucht oder um seinen Standort auf einer Smartphone App kundzutun. Der komplette Datenaustausch läuft also über Opel, der Autohersteller weiß genau, was seine Kunden tun und wo sie sich aufhalten. Solche Daten sind wertvoll, da sich zusätzliche Einnahmen daraus gewinnen lassen: So kann eine Opel-Werkstatt schon Terminvorschläge verschicken, noch bevor sich der Fahrzeugbesitzer Gedanken gemacht hat, ob er nicht vielleicht lieber in eine freie Werkstatt fahren möchte.

Experten schätzen den Wert solcher Daten auf mehrere hundert Euro pro Jahr und Fahrzeug, je nachdem wie konsequent die Informationen ausgeschlachtet werden.  Kein Wunder, dass Opel ankündigt, Onstar in den meisten Auto serienmäßig ohne Aufpreise einzubauen. Bezahlt wird schließlich wie bei Facebook & Co. indirekt - über die Daten.

Auch wenn Opel beteuert, mit den Informationen äußert sorgsam umzugehen: Datenschützer sehen derlei Geschäftsmodelle kritisch. VW scheut die Diskussion rund um das vernetzte Auto derzeit noch und lässt einen Großteil des Datenschatzes ungenutzt. Selbst Navigations-nahe Dienste wie Streetview laufen nicht über firmeneigene Backend-Server, sondern werden direkt von Google ins Auto geladen – den Datenreibach kann damit wie sonst auch der Internet-Riese aus Kalifornien machen.

VWs Datenverzicht macht die Hardware jedoch teurer. Wer beispielsweise einen WLAN-Hotspot für den neuen Touran möchte, muss die große Freisprecheinrichtung für über 400 Euro hinzubestellen. Die erweitere Handy-Anbindung fürs Radio kostet weitere 205 Euro.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten