BMW Z4 M40i Prototyp mit manuellem Getriebe
Endlich Handschaltung im Z4 M40i - so fährt sich das

Derzeit rollen wieder BMW-Prototypen durch die Dolomiten. Einen davon darf auto motor und sport fahren. Bringt das Schaltgetriebe ein Fahrspaß-Plus im Z4 M40i?

BMW Z4 mit Handschaltung
Foto: Hardy Mutschler

Einen BMW Z4 mit manuellem Getriebe? Klar, gibt’s. Wirklich? Ja, als sDrive 20i mit emotional etwas blutleerem, 197 PS starken Turbo-Vierzylinder. Toyota allerdings legte gleich zu Beginn der Supra/Z4-Kooperation fest, dass man ihnen bitte schön eine handgeschaltete Variante des Coupés mit Sechszylindermotor entwickeln möge. Die Bayern kamen dem Auftrag nach, schlossen für sich eine entsprechende Z4-Variante jedoch aus.

Kaum allerdings rollte der Supra so konfiguriert auf den Markt und bekam Applaus von den Fans, wollten die BMW-Verantwortlichen auf einmal wissen, warum kein entsprechender Z4 im Modellangebot parkt. Jetzt fällt dir der kurze, knubbelige Schalthebel in die Rechte, der 340 PS starke Reihensechszylinder-Turbomotor basst sacht im Leerlauf. Das Verdeck spannt sich noch über das Cockpit, minus acht Grad kalte Dolomiten-Luft huscht durch die geöffneten Türen des Erprobungsfahrzeugs, kriecht über den großen Touchscreen des Mess-Equipments, fällt auf den auf einen improvisierten Alu-Schemel geschraubten Not-Aus-Schalter. Christian Heiss, Fahrdynamik-Derviats-Verantwortlicher für den Z4 bei BMW, lässt sich auf den Beifahrersitz gleiten, tippt auf einer Computer-Tastatur herum, lässt sie dann zwischen Mittelkonsole und Sitz verschwinden.

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Heute kein Entwicklungsstress für den Z4

"Fahr ruhig los, wir treffen die Kollegen später", fordert der gebürtige Tiroler auf. BMW nutzt diese Region gerne zur Fahrzeugerprobung, derzeit mit mehreren Teams. Der Z4 jedoch darf heute aus dem Tross ausscheren. Die Kupplung rückt sanft, zugleich verbindlich ein, der Roadster rollt zart donnernd los. Schnell vom ersten in den zweiten, bald den dritten der sechs Gänge, denn das Wissen um ein maximales Drehmoment von 500 Nm (ab 1.600/min) rät auf der teils schneebedeckten Fahrbahn hoch zum Grödner Joch zur Gelassenheit. Die Gangwechsel gehen mit einer markentypischen Verbindlichkeit vonstatten, deren bildliche Umschreibung mit "Knorpeligkeit" negativer rüberkäme als angebracht. Jedenfalls fragst du dich, warum in der Automobilwelt die Gleichung "Hinterradantrieb plus Handschaltung plus emotionaler Verbrennungsmotor gleich Gaudi" immer weiter zu einer Gleichung mit mehreren Unbekannten umgebaut wurde. Hey, das hier ist ein Zipfelbob für Große, ein schneller obendrein – und einer, der bergauf funktioniert!

Ach, Sie wissen nicht, was ein Zipfelbob ist? Na, diese Plastikschalen mit Griff vornedran (Zipfel), die sich Kinder im Schnee unter den Hintern schieben. Okay, dieser hier ist über 1,8 Tonnen schwer, und mit dem Schalter geht er vermutlich auch nicht wie der Automat in 4,5 Sekunden von null auf 100 km/h, sondern ein paar Zehntel langsamer – geschenkt. Bei aller Brillanz der Achtgangautomatik: Jetzt hast du das Dreiliter-Triebwerk direkt in der Hand, dein Unterarm steckt somit zwischen Getriebeausgangs- und Kardanwelle. Teil des Z4, herrlich. Hin und wieder mal im Zweiten in Richtung 6.000/min drehen, klar, einen Tausender mehr könnte der B58-Motor noch aus den Brennräumen pusten, doch dann verliert selbst die italienische Rennleitung ihren Sinn für Humor. Und BMW möchte gerne wiederkommen, erprobt hier regelmäßig neue Baureihen und Varianten, feilt an den Fahrdynamik-Regelsystemen bekannter Modelle. "Die Bedingungen sind perfekt, es gibt unterschiedlichste Kurvenradien, zum Teil mit Bodenwellen, generell die Unebenheiten sind optimal, um die Systeme auf viele Fahrzustände abzustimmen", sagt Christian und ergänzt: "Und jetzt kommen noch unterschiedliche Reibwerte dazu, besser geht es nicht".

Die Auslieferung beginnt im Frühjahr 2024

Der Z4 hingegen ist so gut wie fertig, kann ab Januar bestellt werden, die Auslieferungen sollen rechtzeitig zur Cabrio-Saison 2024 beginnen. Und ja, der Preis dürfte einen kleineren vierstelligen Betrag über dem des Automaten liegen (derzeit ab 69.300 Euro) – wegen einiger zusätzlicher, noch geheimer Ausstattungs-Features sowie geänderter Fahrwerks-Hardware. Cabrio-Saison 2024? Hah! Bei der Auffahrt zum Passo Pordoi springt uns die Sonne vor die flache Schnauze des BMW. Also Verdeck runter, Mütze auf – und weiter geht’s. Du nimmst diesen Z4 noch intensiver wahr, er wirkt extrem nahe am Fahrer, insgesamt verdichtet, selbst bei deaktivierter Regelelektronik, dann, wenn du mit dem Antrieb und der vollvariablen Differenzialsperre allein bist.

Die Sperre arbeitet im Fahrmodus Comfort harmonisch, wirkt auf Sport ein wenig schnappiger, speziell beim Einlenken auf der Bremse – zusätzlich von der spitzeren Gasannahme angestachelt. Zickig? Ansichtssache. Sportlicher eben, für Menschen, die damit umgehen können. Wofür sonst der Aufwand mit unterschiedlichen Modi? Eben. Außerdem: "Wir haben ja nicht nur einfach ein anderes Getriebe eingebaut. Damit alles passt, müssen die Ansteuerung des Diffs und die Traktionskontrolle neu abgestimmt werden", erklärt Christian und ergänzt: "Um den Handschalter gegenüber der Automatik-Variante deutlicher zu differenzieren, modifizieren wir zusätzlich das Fahrwerk". Was das bedeutet? Neue Zusatzfedern vorn und hinten, versteifte Stabi-Schelle vorn, neue Dämpferabstimmung hinten, dadurch neue Bedatung der adaptiven Dämpfer, aber auch der Lenkung. Dazu: Mischbereifung in 19-/20-Zoll. Alles, um den M40i anzuspitzen, ein puristisches Fahrerlebnis zu schaffen. Jetzt allerdings: Winterräder. Schlimm? Kaum. Weil es ohnehin nur darum geht, bestmöglichen Grip im µ-Harlekinkostüm der Passstraßen zu finden.

Mit dem Gaspedal lenken

Der BMW hilft, die Vorderräder melden brav über die Lenkung, wann Schluss ist, zum Teil recht zeitig, wie in Kehre 27 kurz vorm Pordoi. Hier mag sich der Roadster nicht recht mit dem Gaspedal lenken lassen, was in den Kehren zuvor wunderbar gelang, ohne zu viel Platz zu benötigen. Wie überhaupt das Sechszylinder-Aggregat alle Register der einstigen Hubkolbenmotor-Weltbeherrschungsorgel zieht: Ansprechverhalten? Logo. Antritt? Eh klar. Drehvermögen? Sicher. Drehfreude? Aber sowas von! Klang? Na, da regt doch schon die Frage auf!

In Kombination mit dem neuen Getriebe ergibt sich so eine wunderbare Fahrmaschine ohne Askese-Pflicht, denn schließlich sitzt du auf bequemen, seitenhaltstarken Sitzen, deren Heizfunktion hier und jetzt gar nicht mal so überflüssig scheint. Übrigens: Das Getriebe-Gehäuse stammt aus dem Basis-Z4, das Innenleben aus dem des M2. "Das haben wir ja bereits für Toyota so aus dem Baukasten heraus konstruiert. Die äußere Schaltung hingegen wurde für beide Modelle individuell entwickelt, um die jeweils gewünschte Schaltcharakteristik zu erreichen", sagt Christian. Damit meint er im Prinzip alles, was sich zwischen den Zahnrädern und der Hand des Fahrers befindet. Das definiere zudem das Schaltgefühl. Toyota legte dabei angeblich Wert auf besonders kurze Schaltwege.

Kürzer oder länger?

Aus der Erinnerung heraus – die Ausfahrt mit dem gerührten Supra liegt einige Monate zurück – fallen die Wege im Z4 tatsächlich eine Idee länger aus, dafür verläuft die Führung des Schalthebels selbstverständlicher, präziser. Übrigens: Der Schalthebel selbst stammt auch aus dem M2, die Manschette wiederum ist wegen der anders gestalteten Mittelkonsole Z4-spezifisch. Und weil alles so prima funktioniert, stellt sich die Frage, was an der neuen Variante noch erprobt werden muss. "Eigentlich geht es nur um die Bestätigung, dass alles passt, vor allem, was das Lenkgefühl unter diesen Bedingungen betrifft", antwortet Christian.

Seine Kollegen in den unscheinbar wirkenden M340i feilen an der nächsten Evolutionsstufe diverser Fahrdynamik-Regelsysteme, nehmen die Erkenntnisse aus den Dolomiten mit nach Schweden, um auf konstant niedrigem Reibwert weiter zu erproben. Im Z4 muss heute nichts mehr erprobt werden. Höchstens, wie oft er die berühmte Sellaronda über das Grödner- und Sellajoch, den Pordoi- und Campolongo-Pass noch schafft. Start frei!

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Natürlich BMW, da jubeln alle SinneNatürlich Toyota, Roadster sind für Schönwetterfahrer

Fazit

Wer dachte, dass sich BMW nun in der Humorlosigkeit der E-Mobilität verliert, sieht sich mit dieser Z4-Variante angenehm enttäuscht. Mit diesem Roadster, seiner prächtig funktionierenden Handschaltung sowie dem pointiert geschärften Fahrwerk in Kombination mit dem wunderbaren Reihensechszylinder-Motor holen sich die Bayern den Applaus ihrer Fans – und vielleicht sogar den einen oder anderen markenfremden Kunden aus diesem überschaubaren Segment.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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