Toyota Handschaltung für E-Autos
Pseudo-Schaltgetriebe mit 14 Gängen

Elektroautos brauchen in der Regel kaum mehr als zwei echte Gänge. Die Japaner arbeiten dennoch an einer Handschalt-Getriebesimulation für Elektroautos, die quasi beliebig viele Schaltstufen simulieren kann. Wir konnten einen ersten Prototyp bereits fahren.

Da Verbrennungsmotoren mit ihrer nicht-linearen Leistungsabgabe nur in einem schmalen Drehzahlbereich optimale Leistungs- und Drehmomentwerte liefern, sorgt ein mehrstufiges Getriebe mit seinen verschiedenen Übersetzungen für eine optimierte Antriebsmomentbereitstellung an den Rädern. Dabei ist es egal, welche Getriebebauform die passenden Übersetzungen bereitstellt.

Wer bisher schon Automatik- oder CVT-Getriebe gefahren ist, muss sich beim E-Antrieb kaum umstellen. Handschalt-Fans sind mit dem Aufkommen von Elektroautos allerdings zunehmend zur Untätigkeit verdammt. Moderne Elektroautos arbeiten in der Überzahl mit Ein-Gang-Getrieben. Einige wenige, die größere Geschwindigkeitsbereiche abdecken wollen, fügen noch einen zweiten Gang hinzu. Gangwechsel laufen aber auch dann völlig im Verborgenen ab. Ein Eingreifen des Fahrers ist nicht notwendig, da E-Motoren bereits aus dem Stand ihr volles Drehmoment liefern und so die Geschwindigkeitsanpassung einfach über eine erhöhte Drehzahl erfolgt.

Unsere Highlights

Bei Toyota zeichnet sich allerdings eine Gegenbewegung ab. Erste Hinweise lieferte ein am 10. Februar 2022 beim US-Patentamt unter der Nummer US 2022/0041155 A1 veröffentlichtes Patent. Darin präsentiert Toyota seine Vorstellung von einer Handschaltung für Elektromodelle. Ein mechanisches Getriebe, bei dem tatsächlich Gänge gewechselt werden, steckt allerdings nicht dahinter. Vielmehr haben sich die Japaner eine Steuerung ausgedacht, die ein manuelles Schaltgetriebe perfekt simulieren soll.

Elektronik simuliert Schaltvorgänge

Toyota Patent Handschaltung Elektroauto
Toyota
Alle Schaltvorgänge werden von der Bordelektronik nur simuliert.

Dazu greift der Fahrer zu einem Pseudo-Schalthebel, tritt eine Pseudo-Kupplung und wechselt so scheinbar die Fahrstufe. In Wirklichkeit registriert die Elektronik den Schaltwunsch, fügt eine kleine Zugkraftunterbrechung oder sogar einen Schaltruck ein und stellt dann den Vortrieb wieder her. Im Prinzip wird so der lineare Schub des E-Triebwerks künstlich unterbrochen. Ein Verschalten ist unmöglich und Kupplung schleifen lassen geht auch nicht. Einen ähnlichen Weg sind schon zahlreiche CVT-Getriebeanbieter gegangen. Auch hier ist lineare Schub Teil des Konzepts. Dennoch haben viele Anbieter definierte Schaltpunkte einprogrammiert, damit der Fahrer meint, er könnte tatsächlich Einfluss nehmen.

Schaltstufen nach Wahl

Toyota geht sogar noch einen Schritt weiter und bietet EV-Fahrern quasi unbegrenzt viele Gänge. Bei Verbrennermodelle üblich sind mittlerweile Getriebe mit 5, 6 oder gar sieben Schaltstufen. Die solle es auch bei der simulierten Schaltbox geben. Die Patentschrift nennt sogar bis zu 14 davon. Letztendlich könnte es dem Nutzer überlassen bleiben, wie viele Gänge sein Getriebe simulieren soll, da hinter dem Schaltschema keine Mechanik mit echten Zahnrädern, sondern nur eine Programmierung liegt.

Warum Toyota über eine Sabotage des harmonischen Vortriebs in einem Elektroauto nachdenkt, erklärt das Patent nicht. Womöglich will man damit den sogenannten Sportfahrern entgegenkommen, für die ein Auto ohne Schaltgetriebe einfach unsportlich ist. Toyota-Chef Akio Toyoda selbst ist ein begeisterter Anhänger des Schaltgetriebes. Ein erster Serieneinsatz des Fake-Getriebes könnte im Elektrosportwagen FT-Se erfolgen, der ab 2026 unter dem GR-Label aufgelegt werden soll.

So fährt das Fake-Getriebe

Im Umfeld der Japan Mobility Show hatte auto motor und sport-Chefredakteur Michael Pfeiffer die Möglichkeit, einen Lexus UX300e-Prototyp mit simulierter Schaltung zu fahren und war angenehm überrascht.

Das haben die Toyota-Ingenieure hervorragend hinbekommen. Man kann wie bei einem echten manuellen Getriebe kuppeln und schalten, über einen Soundgenerator wird das entsprechende Motorgeräusch eingespielt. Die Kupplung geht überraschend schwer, der Ganghebel ist knackig geführt, fühlt sich echt an. Sind aber beide nur elektrisch mit dem System verbunden. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, einen klassischen Verbrenner mit Handschaltung zu fahren. So exakt und realistisch steuert das Auto Drehmoment des E-Motors und Sound aus den Lautsprechern, bis hin zum Rappeln in den Türpappen beim untertourigen Fahren. Sensationell. Rein virtuell natürlich.

Auch gut: Schaltfehler haben keine Auswirkungen. Überdrehen auch nicht, da piept dann lediglich der virtuelle Drehzahlbegrenzer. Die Fake-Schaltung ist echt gut gemacht, zaubert selbst einem abgebrühten Allesfahrer ein Lächeln ins Antlitz.

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Fazit

Toyota entwickelt ein System, das in Elektroautos ein manuelles Handschaltgetriebe simulieren kann. Womöglich versuchen die Japaner damit Hardcore-Schaltfreunde zum Elektroauto zu bekehren. Bei einer ersten Fahrt in einem Prototyp konnte das Fake-Getriebe überzeugen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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