Die Hybrid-Technik des Lamborghini Revuelto
So funktioniert das Hightech-Getriebe

Der Achtgang-Doppelkuppler des Aventador-Nachfolgers ist ein Kunstwerk, das trotz modernster Technik eine Gemeinsamkeit mit dem legendären Miura aus den Sechzigerjahren teilt.

Oft wird in der Autobranche bei der Vorstellung eines neuen Modells die Kombination aus Tradition und Moderne beschworen. Manchmal ist das an den Haaren herbeigezogen – nicht so beim Lamborghini Revuelto. Das neue Sportwagen-Topmodell aus Sant'Agata Bolognese hält an der V12-Tradition seiner Ahnenreihe fest, führt aber zentrale Neuerungen ein. Der Hybridantrieb mit rein elektrischer Vorderachse ist eine davon.

Eine weitere ist das Getriebe. Und zwar nicht nur deshalb, weil darüber ein weiterer – der dritte – Elektromotor sitzt. Dabei handelt es sich um einen Radialflussmotor, der nicht nur als Anlasser und Drehstromgenerator dient, sondern in Abhängigkeit vom gewählten Fahrmodus und von den äußeren Bedingungen auch zusätzliche Kraft an die Hinterräder leitet. Im Ernstfall steuert er bis zu 110 kW (150 PS) und maximal 150 Newtonmeter bei. Zur Erinnerung: Insgesamt leistet des Revuelto-Antriebssystem 1.015 PS. Das gesamte Drehmoment behalten die Italiener bislang für sich; allein der 6,5-Liter-V12 liefert bis zu 725 Newtonmeter.

Unsere Highlights

Wie beim Miura und Essenza SCV12

Zum ersten Mal kombiniert Lamborghini im Revuelto einen Zwölfzylinder mit einem Doppelkupplungsgetriebe, das hier über acht Fahrstufen verfügt. Die Eigenentwicklung befindet sich jedoch nicht, wie seit Countach-Zeiten gewohnt, im Mitteltunnel – an dieser Position haben die Italiener den 3,8-Kilowattstunden-Lithium-Ionen-Akku untergebracht. Nein, es liegt quer hinter dem V12. Das hat es in der Lambo-Historie bereits gegeben: Beim Miura, dessen V12-Mittelmotor ebenfalls quer eingebaut war, und beim Essenza SCV12, ein auf die Rennstrecke ausgerichtetes Hypercar mit Längsmotor und tragendem Quergetriebe.

Um Bauraum zu sparen und das Gewicht zu drücken, verfügt das Getriebe mit nassschaltender Doppelkupplung über zwei statt drei Getriebewellen, die in derselben Antriebswelle münden: Eine ist für die geraden, die andere für die ungeraden Gänge zuständig, wobei jeder Satz über eine eigene Kupplung verfügt. Obwohl es über einen weiteren, zur Verbrauchsoptimierung besonders lang übersetzten Gang verfügt, ist es Lamborghini zufolge leichter als das Siebengang-DCT des Huracan. Inklusive E-Motor wiegt es 193 Kilogramm, womit sich beim Revuelto eine Achlastverteilung im Verhältnis 44:56 Prozent sowie ein längerer Radstand ergeben.

Schaltet schneller als beim Huracan

Darüber hinaus ist der Revuelto-Doppelkuppler zu schnelleren Schaltzeiten fähig als das Pendant des kleinen V10-Bruders. Ein spezielles Feature ist das kontinuierliche Herunterschalten. Dabei schaltet das Getriebe beim Bremsen mehrere Gänge herunter, wenn die linke Schaltwippe am Lenkrad gedrückt gehalten wird. Das funktioniert, indem die beiden Kupplungen gleichzeitig öffnen und schließen, wodurch im selben Moment der neue Gang eingelegt und der vorherige aus dem Antrieb herausgenommen wird. Beim Beschleunigen und Hochschalten gilt natürlich auch beim Revuelto das typische DCT-Prinzip, nach dem die nächsthöhere Fahrstufe bereits vorgewählt wird, deren Kupplung jedoch offen bleibt. Das minimiert Schaltzeiten und -rucke.

Je nach Fahrmodus kann sich der hintere Elektromotor übrigens komplett vom Getriebe entkoppeln. Nämlich dann, wenn viel Druck gefragt ist und die E-Maschine den Verbrenner mit Extra-Power versorgt. Wird der Rückwärtsgang eingelegt, aktiviert das Getriebe nur die vorderen Elektromotoren. Es sei denn, es herrschen schlüpfrige Bedingungen; dann schaltet es den hinteren E-Motor samt Hinterachse dazu, weshalb der Revuelto auch beim Rückwärtsfahren ein Allradler sein kann.

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Fazit

Es dürfte nicht viele Antriebsstränge in der Autowelt geben, die komplexer und aufwendiger konstruiert sind als jener des Lamborghini Revuelto. Das beste Beispiel dafür ist das Getriebe des Aventador-Nachfolgers, bei dem die Italiener neue Wege einschlagen und allerlei Zusatzfunktionen implementiert haben. Nun muss es diese nur noch so zuverlässig erledigen, wie sich das die Kundschaft erwartet. Die bezahlt pro Auto schließlich Beträge von deutlich über 350.000 Euro.

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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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