Mercedes-AMG GT
Jetzt auch mit Stecker und 816 PS

Das neue Mercedes-AMG GT Coupé basiert auf dem Roadster SL. Bislang gab es nur Vier- und Achtzylinder. Jetzt folgt der Power-Hybrid mit 816 PS Systemleistung und 1.420 Nm Drehmoment.

Mercedes-AMG GT 63 S E-Performance
Foto: Mercedes-AMG / Schoenfeld

Mehr als sieben Jahre lang lief der AMG GT als Nachfolger des legendären SLS in Sindelfingen vom Band. Ende 2021 war Schluss mit der Produktion. Erst Ende 2023 präsentierten die Affalterbacher den Nachfolger. Der steht auf Basis des SL, darf den aufgeladenen Vierliter-V8 behalten und ist jetzt sogar als 2x2-Sitzer ausgelegt. Doch das sind längst nicht alle Neuheiten des bis neuen Elfer-Schrecks.

Denn erstmals gibt es das Sport-Coupé auch mit Vierzylinder (siehe unten). Der ist mit 421 PS keinesfalls schwachbrüstig motorisiert. Allerdings hat das neue Topmodell AMG GT 63 S E-Performance hat mit 816 System-PS fast doppelt so viel Power. Der Plug-in-Hybrid, dessen 150-kW-E-Maschine den 612-PS-V8 unterstützt, schafft es dank 6,1 kWh großem Akku im Kofferraumboden immerhin auf 13 elektrisch gefahrene Kilometer. Potenzielle Kunden dürften dagegen eher den Extra-Punch im Fokus haben. Und der ist gewaltig. Das Systemdrehmoment gibt AMG mit 1.080 bis 1.420 Nm an – der Sprint von 0 auf 100 km/h soll in 2,8 Sekunden erledigt sein. Das ist der schnellste Wert eines Serien-AMG bisher. Topspeed: 320 km/h. Der AMG GT 63 S E-Performance ist serienmäßig mit Wankstabilisierung, Allradantrieb, Hinterachslenkung und Keramik-Hochleistungs-Verbundbremsanlage ausgerüstet.

Unsere Highlights

Sitzprobe im AMG GT

Edle Autos, edle Location: Die Weltpremiere des Mercedes-AMG GT fand am Rande des berühmten Concours d‘ Elegance im kalifornischen Pebble Beach statt – dort, wo besonders reiche Menschen auf besonders teure Autos treffen. Die perfekte Wahl, um das Nachfolgemodell des von 2014 bis 2021 gebauten GT ins öffentliche Rampenlicht zu rücken – jetzt auf der gleichen Plattform wie der SL Roadster. Obwohl die Designer dem Vorgänger so nah wie möglich bleiben wollten, haben sich durch die neue Basis doch die Proportionen verschoben: Die Kabine ist nun deutlich größer und macht aus dem einstigen Zweisitzer nun einen 2+2-Sitzer. Wer in Reihe zwei Platz nehmen möchte, sollte aber nicht größer als 1,50 Meter sein, sonst bleibt man schon beim Entern des Fonds quasi im Türrahmen stecken. Doch für ein Kind, einen Hund und eine Einkaufstüte ist durchaus Platz und die Rücklehne zum Fond ist umklappbar – dann entsteht auch Platz für ein Golfbag.

Mercedes-AMG GT Sitzprobe Birgit Priemer
Robin Trajano für Mercedes

Chefredakteurin Birgit Priemer durfte vorab im AMG GT Platz nehmen.

Ansonsten herrscht im Innenraum die aus dem SL bekannte Atmosphäre: edle Verarbeitung, aufwendig gesteppte Nähte, Sitze, die einen sportwagentypisch angenehm umschließen und Lüftungsdüsen im Look der Marke Mercedes. Der in Pebble Beach vorgestellte GT ist übrigens der erste Vertreter einer ganzen Reihe von Varianten, die auf dieser Plattform folgen sollen.

Abmessungen und Karosserie

Auf den ersten Blick ist der Unterschied von der zweiten Generation zum Vorgänger nicht gewaltig. Doch der neue AMG GT trägt einen längeren Radstand (2,70 Meter), kürzere Überhänge und eine stärker geneigte Windschutzscheibe. Dazu ist der GT um einiges gewachsen: in der Länge von 4,54 Meter auf 4,73 Meter, in der Breite von 1,94 Meter auf 1,98 Meter. Der Wendekreis beträgt nun allerdings 12,5 Meter.

Mercedes-AMG GT CoupŽ
Mercedes-AMG

Bei umgeklappten Rücksitzlehnen wächst das Kofferraumvolumen von 321 Liter auf für einen Sportwagen beachtliche 675 Liter.

Dafür soll es nun im Innenraum mehr Platz und zwei zusätzliche Notsitze wie im SL geben. Auf den hinteren Plätzen finden laut Mercedes-AMG Mitfahrer bis zu einer Körpergröße von etwa 1,50 Metern Platz. Dazu lassen sich die Rücksitzlehnen zu einer Ladefläche unter der großen Heckklappe umklappen. Kofferraumvolumen und Nutzwert wachsen dadurch deutlich.

Neue Antriebsauslegung ohne Transaxle

Nachdem der neue SL bereits seit 2021 auf den Straßen rollt, zeigt sich der AMG GT, der das Typkürzel C 192 tragen wird, erst jetzt. Wie auch der SL wurde das Coupé komplett bei AMG entwickelt und baut ebenfalls auf dem Aluminium-Spaceframe-Chassis auf, das mit einem Materialmix aus Stahl, Magnesium und Faserverbundwerkstoffen verfeinert wird. Die Transaxle-Bauweise des Vorgängers ist passé. Stattdessen trägt der AMG GT Motor und Getriebe vorn. Das schafft Raum für serienmäßigen Allradantrieb, eine Fünflenker-Achse und eine aktive Hinterradlenkung. Das Fahrwerk setzt auf eine konventionelle Stahlfederung in Kombination mit Aktiv-Dämpfern.

Serienmäßig verfügt der neue AMG GT über ein elektronisch gesteuertes Hinterachs-Sperrdifferenzial. Das soll vor allem für bessere Traktion und höhere Fahrsicherheit sorgen. Auch die Kurvengeschwindigkeiten im Grenzbereich können dadurch steigen. Durch die elektronische Auslegung wurde die Fahrstabilität beim Spurwechsel mit hoher Geschwindigkeit optimiert. Das System arbeitet mit einer variablen Sperrwirkung im Zug- und Schubbetrieb und passt sich unterschiedlichen Fahrzuständen und Fahrbahnreibwerten an.

Fahrwerk und Aerodynamik aktiv

Serienmäßig wird im AMG GT Coupé auch die Wankstabilisierung, bei der aktive Hydraulikelemente die herkömmlichen mechanischen Drehstab-Querstabilisatoren ersetzen und Wankbewegungen in Sekundenbruchteilen ausgleichen. Dazu erhalten die adaptiven Stoßdämpfer zusätzlich zwei hydraulische Anschlüsse. Einer davon befindet sich an der Druckseite des Dämpfers, der andere an der Zugseite. Die Verbindung der Dämpferkammern an allen vier Rädern und der Leitungen erfolgt dabei direkt über die Stellventile der adaptiven Dämpfer.

Neu am AMG GT Jahrgang 2023 sind die aktiven Aerodynamik-Elemente, die ebenfalls serienmäßig verbaut werden. Dazu zählt beispielsweise das zweiteilige, aktive Luftregelsystem "Airpanel". Der erste Teil operiert mit senkrechten Lamellen, die sich hinter dem unteren Lufteinlass in der Frontschürze verbergen. Der zweite Teil befindet sich hinter dem oberen Lufteinlass und hat horizontale Lamellen. Normalerweise sind alle Lamellen geschlossen. Diese Stellung reduziert den Luftwiderstand und ermöglicht es, die Luft gezielt in Richtung Unterboden zu lenken. Somit wird der vordere Auftrieb weiter reduziert. Erst wenn bestimmte Temperaturen an vordefinierten Komponenten erreicht sind und der Kühlluftbedarf besonders hoch ist, öffnen die Lamellen (das zweite System erst ab 180 km/h) und lassen maximale Kühlluft zu den Wärmetauschern strömen.

Mercedes-AMG GT CoupŽ
Mercedes-AMG

Der Spoiler auf der großen Heckklappe nimmt ab 80 km/h fünf unterschiedliche Winkelstellungen für bessere Aerodynamik ein.

Eine weitere aktive Komponente ist der in den Heckdeckel integrierte, ausfahrbare Heckspoiler. Er verändert seine Stellung je nach Fahrzustand. Der Spoiler nimmt ab 80 km/h fünf unterschiedliche Winkelstellungen ein, um entweder die Fahrstabilität zu optimieren oder den Luftwiderstand zu verringern. Auch das aktive Aerodynamik-Element am Unterboden vor dem Motor ist variabel. Dieses rund zwei Kilogramm schwere Carbon-Profil fährt bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h automatisch circa 40 Millimeter nach unten aus. Dadurch wird der sogenannte Venturi-Effekt erzeugt, der den Wagen zusätzlich an die Fahrbahn "saugt" und den Auftrieb an der Vorderachse reduziert.

Technische Daten: Mercedes-AMG GT Coupé

43

55 4MATIC+

63 4MATIC+

63 S E Performance

Zylinder

R4

V8

V8

V8 Plug-in-Hybrid

Hubraum

1.991 cm³

3.982 cm³

3.982 cm³

3.982 cm³

Nennleistung

310 kW/421 PS

350 kW/476 PS

430 kW/585 PS

450 kW / 612 PS

bei Drehzahl

6.750/min

5.500-6.500/min

5.500-6.500/min

5.750 - 6.500/min

Drehmoment

500 Nm

700 Nm

800 Nm

850 Nm

System-Leistung

600 kW / 816 PS

System-Drehmoment

1.080 - 1.420 Nm

Beschleunigung 0-100 km/h 

4,6 s

3,9 s

3,2 s

2,8 s

Höchstgeschwindigkeit 

280 km/h

295 km/h

315 km/h

320 km/h

WLTP-Verbrauch

10,3 l/100 km

14,1 l/100 km

8,2 l + 12,3 kWh / 100 km

Antrieb

Hinterradantrieb

vollvariabler Allradantrieb

Länge/Höhe/Breite (mm)

4.728/1.354/1.984

Kofferraumvolumen (l)

321-675

Gewicht (kg)

1970

Tankinhalt (l) 

70

Vom Reihenvierzylinder bis zum V8-Power-Hybrid

Zur Markteinführung startete der neue AMG GT mit der Top-Leistungsstufe des Vierliter-V8-Biturbomotors. Im Topmodell GT 63 4-Matic+ leistet das Triebwerk 585 PS und stellt ein maximales Drehmoment von 800 Nm (von 2.500 bis 4.500/min.) zur Verfügung. Beim Beschleunigen von null auf 100 km/h vergehen 3,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 315 km/h. Im GT 55 4-Matic+ bringt es der V8 auf 476 PS Leistung und 700 Nm maximales Drehmoment. Der Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 dauert 3,9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 295 km/h erreicht. Die Triebwerke werden in Handarbeit in Affalterbach montiert. Das trifft auch auf das oben beschriebene Topmodell AMG GT 63 S E-Performance mit 816 PS zu.

Mercedes-AMG GT CoupŽ
Mercedes-AMG

Der bollernde Vierliter-V8 darf im AMG GT weiterleben, bis zu 585 PS leisten und seine Power an alle vier Räder schicken.

Seit März 2024 ergänzt der bereits angekündigte Reihenvierzylinder das Motorenportfolio im AMG GT, wie er bereits im SL als Grundmotorisierung dient. Der M139-Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum arbeitet mit einem riemengetriebenen Starter-Generator (RSG) zusammen, der bei Bedarf 10 kW (14 PS) beisteuert. Für ordentlich Power sorgt ein ebenfalls über das 48-Volt-Bordnetz betriebener elektrischer Turbolader. Die Gesamtleistung des Vierzylinders beziffert Mercedes auf 421 PS, das maximale Drehmoment beträgt 500 Nm. Angetrieben werden hier nur die Hinterräder. Das reicht zwar nicht ganz für die V8-Fahrleistungen, aber eine Spurtzeit von 4,6 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h sind auch mehr als ausreichend. Im offenen Schwestermodell SL 43 kommt der Antrieb aktuell nur auf 381 PS und maximal 480 Nm. Die Schaltarbeit übernimmt jeweils das AMG-eigene Speedshift-Neunstufen-Automatikgetriebe.

Vierzylinder mit eigenständiger Optik

Der Vierzylinder-GT setzt sich auch optisch von den V8-Geschwistern ab. Besonders auffällig ist die neu gestaltete Frontschürze mit großen Lufteinlässen über die gesamte Fahrzeugbreite. Schmaler fallen dagegen die Kotflügel vorn und hinten aus; die Spurweite an beiden Achsen wurde ebenfalls reduziert. Hinzu kommt ein neues Zierteil für die vorderen Kotflügel. Die obendrein geänderte Heckschürze sowie runde statt trapezförmige Doppel-Endrohrblenden links und rechts prägen die Rückansicht.

Mercedes-AMG GT 43
Mercedes

AMG GT 43 mit schmalerer Karosserie.

Sechs Fahrprogramme und Datenlogger

Serienmäßig stehen beim neuen AMG GT gleich sechs Fahrprogramme zur Verfügung. Das "AMG Dynamic Select umfasst die Einstellungen "Glätte", "Comfort", "Sport", "Sport +", "Individual" und "Race" und soll eine große Spreizung der Fahrzeugcharakteristik von komfortabel bis dynamisch ermöglichen. Extra-Feature: "AMG Dynamics". Diese integrierte Fahrdynamikregelung macht das ESP agiler. Bei dynamischer Kurvenfahrt bewirkt zum Beispiel ein kurzer Bremseneingriff am kurveninneren Hinterrad ein definiertes Giermoment um die Hochachse für spontanes und präzises Einlenken. Dabei reicht die Spanne von extrem stabil bis hin zu hochdynamisch.

Mercedes-AMG GT CoupŽ
Mercedes-AMG

Das Cockpit mit dem aufrechten Mittel-Bildschirm kennen wir bereits aus dem SL Roadster.

Auch das sogenannte "AMG Track Pace" ist bei jedem GT Coupé an Bord. Die Software ist Bestandteil des MBUX Infotainmentsystems und erfasst während der Fahrt über eine definierte Strecke mehr als 80 fahrzeugspezifische Daten (zum Beispiel Geschwindigkeit, Beschleunigung, Lenkwinkel, Bremspedalbetätigung). Im Screen "Telemetrie" können 40 Parameter live angezeigt werden, davon bis zu vier gleichzeitig. Hinzu kommen die Anzeige von Runden- und Sektorzeiten im Multimedia-Display, Head-up-Display und im Kombiinstrument sowie zusätzliche Trainings- und Analyse-Tools.

Fahrassistenz und Connectivity

Eine neu animierte Assistenzanzeige macht im AMG GT Coupé eine in Echtzeit erzeugte 3D-Szene samt Auto, Fahrspuren, Spurmarkierungen sowie anderen Verkehrsteilnehmern deutlich. So soll die Funktionsweise aller Fahrassistenzsysteme in einem Augmented-Reality-Fahrerlebnis transparent gemacht werden.

Das Infotainmentsystem MBUX (Mercedes-Benz User Experience) integriert die digitalen Dienste von Mercedes me connect sowie Smartphones via Apple CarPlay und Android Auto. Mit Mercedes me connect lassen sich vor und nach der Fahrt oder von unterwegs weitere Funktionen nutzen. Dank Car-to-X-Kommunikation können sich die AMG Coupés mit anderen Fahrzeugen vernetzen und Verkehrsereignisse voraussehen.

Preise und Marktstart

Mercedes konnte mit dem neuen AMG GT schon Geld verdienen, bevor das Auto offiziell auf den Markt kommt. AMG-Private-Lounge-Mitglieder konnten sich bereits vor der Premiere in Sneak-Preview-Events am Standort Affalterbach einkaufen. Für die Tagestermine vom 10. bis zum 13. Juli 2023 wurden pro Kopf 450 Euro Eintritt verlangt.

Preisliste Mercedes-AMG GT
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Für das Auto selbst liegen die Tarife dann doch etwas höher. Als Erstes bestellbar ist seit dem 10. Oktober das Mercedes-AMG GT 63 4Matic+ Coupé. Für diese Modellvariante steht ein Grundpreis von 188.704 Euro in der Liste. Damit ist das Coupé rund 6.000 Euro günstiger als das vergleichbare SL Cabrio. Der AMG GT 55 mit 476 PS starkem V8 kostet mindestens 167.272 Euro. Für den Preis des Vierzylinders können die entsprechenden SL-Pendants zur Orientierung herangezogen werden. Die Preisliste für den Mercedes-AMG SL Roadster beginnt bei 127.000 Euro (SL 43). Das V8-Vergnügen startet erst bei rund 167.000 Euro (SL 55). Der neue Power-Hybrid dürfte die 200.000er Marke deutlich durchbrechen.

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Fazit

Mercedes präsentiert mit dem neuen AMG GT Coupé den SL-Plattformbruder mit festem Dach. Neben dem 476 PS oder 585 PS starken V8 und dem 816-PS-V8-Hybrid E-Perfomance als Topantrieb gibt es an der Basis auch einen potenten Vierzylinder mit 421 PS. Preislich sortiert sich das Coupé etwas unter dem Roadster ein.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten