Mercedes GLA, Audi Q3, BMW X1 im Test
Holt der GLA dank Facelift den Testsieg?

Mercedes will dem GLA mit einer Modellpflege neuen Glanz verleihen. Die eigentlichen Neuerungen am kleinsten Mercedes-SUV befinden sich im Inneren, die meisten sogar im Innenleben. Übernimmt er damit die Führung im Rudel der kompakten Premium-SUV? Wir klären die Frage beim Vergleichstest mit dem Audi Q3 und dem BMW X1.

Audi Q3, BMW X1, Mercedes GLA
Foto: Hans-Dieter Seufert

Zunächst zu den Marginalien des jüngsten Mercedes GLA-Facelifts, damit wir sie abgehakt haben: neu arrangierte Lufteinlässe an der Front, in Wagenfarbe lackierte Radläufe, serienmäßig LED-High-Performance-Frontscheinwerfer mit Fernlichtassistent, umgestaltete Rücklichtgrafik. Davon abgesehen bleibt alles, wie es seit drei Jahren Bestand hat. Deshalb der Hinweis auf die noch immer jung aussehenden Sterne aus dieser Zeit.

Dort, wo sich die Bits und Bytes aufhalten, da hat sich dagegen einiges getan – rund ums MBUX-Bediensystem. Mercedes installierte Generation sieben, und dazu gehört das sogenannte Zero-Layer-Konzept, also die Hauptansicht auf dem Infotainment-Bildschirm. Sie soll, so das Versprechen, das Nutzungsverhalten des Bedieners erlernen – und entsprechend in Form von kleinen Feldern nächste, von einer KI vorausberechnete Schritte anbieten.

Unsere Highlights

Bedienung: Mercedes GLA mit Touchflächen statt Taster

Teil dieses Upgrades sind außerdem die klarer gestalteten Instrumente; wobei sie dem Fahrer weniger Möglichkeiten als bisher bieten, die Ansicht im Detail zu individualisieren. Vielmehr stehen nun diverse vorgestaltete Layouts zur Wahl; etwa lässt sich praktisch die gesamte Fläche mit der Navigationskarte füllen. Zudem kann ein iPhone ab jetzt kabellos via Apple CarPlay mit dem System kommunizieren.

Mercedes GLA: Touchflächen auf dem Lenkrad lösten mit dem Facelift, Taster und Kippschalter ab.

Leider gleichfalls neu: das Lenkrad mit den Touchflächen. Sie lösen die früheren Taster und Kippschalter ab, die wesentlich einfacher zu erfingern waren. Leider, Teil zwei: Das bisherige Touchpad mit den darum herum gruppierten Menüfeldern wurde gegen eine Ablage eingetauscht. Somit verliert der Fahrer eine Möglichkeit, das Infotainment von hier aus per Hand zu justieren. Wir ziehen deshalb bei dessen Bedienung einen Punkt zur Bewertung des Vorgängers ab, vermerken hingegen positiv, dass die Sprachsteuerung nun noch knappere Befehle versteht.

Als Aktiva bleiben zudem nach der Überarbeitung der einfach zu bedienende Tempomat, die Start-Stopp-Taste sowie das Angebot, die Fahrmodi über eine Art Walze zu variieren. Man muss also zumindest hierbei nicht im Menü herumwischen; genauso wenig übrigens beim Verstellen der Klimatisierung.

Ähnliches gilt für den Audi Q3, mit dem Unterschied, dass seine analogen Regler feinrastend klicken, sobald man sie dreht – ein haptischer wie akustischer Genuss. Andererseits muss man natürlich im Audi ebenso touchen, um auf das Infotainment-System einzuwirken. Immerhin lassen sich die wohldimensionierten Flächen sogar aus dem Augenwinkel heraus gut treffen.

BMW X1: Klimaanlage, Sitz- und Lenkradheizung oder der Display-Helligkeit lassen sich nur noch per Infotainment steuern.

Auch BMW hat sich dem Thema Bedienung beim Konzipieren des X1 wohl lange gewidmet, wenngleich mit einer fragwürdigen Stoßrichtung. So wurde der geniale iDrive-Drehregler aufs Altenteil geschickt, dabei kam er uns bis zuletzt völlig vital vor. Stattdessen muss, Sie ahnen es, vorwiegend getoucht werden. Etwa fürs Verstellen der Klimaanlage, der Sitz- und Lenkradheizung oder der Display-Helligkeit, um nur einige Beispiele zu nennen.

Damit schließt sich die Marke, die 2001 mit dem 7er ein einzigartiges Bedienkonzept in die Großserie überführt hat, erstaunlich uninspiriert einem zur Banalität gewordenen Trend an. Jener ist nicht nur austauschbar statt einzigartig, er wirkt mittlerweile sogar frühvergreist – weil dem Touchscreen durch seine Omnipräsenz ermüdende Gewöhnlichkeit anhängt. Dennoch stellen ihn alle drei SUV in ihr Bedienzentrum, so sehr wie derzeit praktisch alle Neuerscheinungen auf dem Automarkt.

Positiv eint unsere Testwagen eine praktische verschiebbare Rücksitzbank. Doch nur beim Audi Q3 45 TFSI Quattro und BMW X1 XDrive23i lassen sich die Lehnen in der Winkelneigung justieren. Verzichten müssen Mercedes GLA-Fahrer zudem auf ein Fach unter dem Ladeboden, in dem sie Kleinkram sowie, bei Nichtgebrauch, die Hutablage verstauen könnten.

Das alles klappt beim Audi, weshalb er für seine hohe Variabilität und Funktionalität Pluspunkte einstreicht. Weiterhin dafür, dass er die meisten Ablagemöglichkeiten in petto hat. Und die großzügigsten Platzverhältnisse im Innenraum, speziell bei Höhe und Breite. Beim Volumen liegen sein Kofferraum und der des BMW X1 eng beieinander, hier fällt nur der GLA ab. Immerhin liegt dessen Ladekante am niedrigsten.

Die Allradler wuchten los

Wer Großes vorhat, kann Anhängerkupplungen ordern, gebremst mindestens zwei Tonnen an den Haken nehmen und dafür auf kräftiges Drehmoment setzen. Alle drei SUV stemmen sich allradgetrieben mit der Kraft von aufgeladenen Vierzylinder-Benzinern vorwärts, lassen sich voll ausgelastet nicht einmal von Steigungen nennenswert einbremsen.

3,3 Sekunden benötigt der Audi für einen Überholvorgang von 60 auf 100 km/h. Mercedes (3,8 s) und BMW (3,9 s) erledigen das kaum langsamer.

Der Audi Q3 kommt als 45 TFSI Quattro auf 245 PS, der BMW X1 als xDrive23i auf 218 PS und der Mercedes GLA als 250 4Matic auf 224 PS. Warum wir gerade kräftige Benziner für den Vergleichstest ausgewählt haben? Weil sie ausgezeichnete Alternativen zu den früher zu Recht beliebten und heute zu Unrecht gemiedenen Selbstzünder-Aggregaten darstellen.

Am meisten leistet der Zweiliter im Audi und wuchtet den Q3 entsprechend engagiert vorwärts – zumindest sobald er seine leichte Anfahrlethargie überwunden hat. Dann lässt der Ingolstädter wenig anbrennen und stiebt in sechs Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Allerdings fordert er für diese sportliche Leistung am meisten Kraftfutter ein, liegt im Testdurchschnitt auf 100 Kilometer einen halben Liter über dem Mercedes. Und sogar 1,2 Liter über dem BMW. Jener rollt effizient und zeigt sich dazu korrespondierend im Eco-Verbrauch am sparsamsten. Der X1 lässt sich mit 6,3 Litern 100 Kilometer weit bewegen, wo der GLA 6,9 und der Q3 7,6 Liter nehmen. Klar, dass dies positiv im Abschnitt Umwelt aufscheinen wird. Dazu später mehr.

Ohne Verstelldämpfer hat der BMW bei den Fahrmodi wenig zu spreizen.

Und beim Fahrverhalten? Das lässt sich nicht ohne einen Blick ins Komfortkapitel beleuchten. Denn auch beim Fahrwerk hat BMW einen Schritt zurück vollzogen, hat die früher lieferbaren Verstellstoßdämpfer aus der Optionsliste gestrichen. Die Alternative nennt der Hersteller nun adaptiv – technisch ist das natürlich richtig, doch es nimmt wohl bewusst ein Missverständnis in Kauf. Denn unter "adaptiv" verstehen heute die meisten Autofans anwählbare Kennlinien, BMW aber meint tatsächlich "selbstregelnd": Der X1 steuert die Wirkweise seiner Stoßdämpfer selbst. Theoretisch.

Praktisch fragt man sich, was denn da genau gesteuert wird, denn unterschiedliches Federungsverhalten auf unterschiedlichen Strecken ließ sich während der Testphase nicht feststellen; der BMW X1 spricht generell eher unwillig auf Unebenheiten an, nimmt ihnen nur die Spitzen. Zwar gibt er sich nicht hart; doch gegenüber der Konkurrenz fehlt es deutlich an Geschmeidigkeit.

Fahrwerk: Mercedes GLA ist die Ruhe selbst

Und in den Kurven? Da sperrt sich der BMW-SUV nicht gegen dynamische Vorhaben. Jene nimmt man freilich von der lichten Sitzhöhe aus etwas distanziert wahr: Die Landpartie wirkt wie ein Schlagabtausch, dem man beiwohnt. Und in den man nur dann wirklich involviert wird, wenn es im Chassis rüttelt. Oder in der Lenkung – weil just Federn, Lenken und Bremsen in Formation abverlangt werden und die straffe Vorderachse ihre Überforderung durchstellt. So brilliert der BMW weder im Kapitel Komfort noch beim Fahrverhalten.

Die Konkurrenz kann beides besser: Der Mercedes GLA etwa bleibt stets die Ruhe selbst, lässt sich kaum aus dem Tritt bringen, wirkt nicht einmal bei straff angezogenen Zügeln sonderlich animiert. Selbst ums zügige Fahren macht er kein Aufhebens, schüttelt es sozusagen aus dem Handgelenk. Das trägt natürlich zum entspannten und ermüdungsarmen Vorwärtskommen bei, gerade auf der Langstrecke. Ebenso das aufgeweckte Ansprechverhalten seines Zweiliter-Vierzylinders – ihn unterstützt der Startergenerator mit bis zu 150 Nm und überbläst damit die Turbo-Flaute beim initialen Gasgeben.

Seine Optionsstoßdämpfer arbeiten weg, was ihnen vor die Kolben kommt. Selbst im Sportmodus halten sie sich von Härte fern, kontrollieren einfach den Aufbau stärker. So bremst der GLA im Testumfeld nicht nur mit deutlichem Abstand am engagiertesten (dank aufpreispflichtiger Bremsanlage), er kurvt auch beim simulierten Ausweichen am schnellsten durch die aufgestellte Pylonengasse, lässt sich mit der wunderbar homogen ansprechenden Lenkung punktgenau platzieren, liegt satt, ja durchaus gewichtig in der Hand. Wobei man sich in dieser Situation nun mehr Seitenhalt wünschen würde.

6,0 Sekunden vergehen im Q3 beim Sprint von null auf Tempo 100 - Bestwert in diesem Test.

Den liefern die Sportsitze des Audi Q3 reichlich, sogar seine Rücksitzbank ist zweckdienlich ausgeformt. Denn, ja, im Audi hat man tatsächlich am meisten Lust auf Kurven. Es käme nun Kaffeesatzleserei gleich, dies auf den minimalen Gewichtsvorteil zurückzuführen. Oder auf den kürzeren Radstand. Geschenkt – bereits in den ersten anspruchsvollen Passagen wird klar, dass hier jemand sein Talent für Querdynamik ins Spiel bringen will.

Sofern man den Dynamikmodus angewählt hat. Andererseits lässt die breite Spreizung der aufpreispflichtigen Adaptivstoßdämpfer am anderen Ende ihres Arbeitsbereiches durchaus spürbar Karosseriebewegung zu – mit der positiven Auswirkung, dass der Audi sogar nochmals einen Hauch nachgiebiger federt als der Mercedes.

Kosten: Mercedes GLA ist der teuerste

Dieser Vorteil sowie der Vorsprung in der Karosserie-Wertung, welcher vorwiegend aus seinem besten Platzangebot sowie der durchdachten Funktionalität resultiert, sichert dem Q3 die Eigenschaftswertung mit zehn Punkten Abstand auf den GLA. Jener müsste genau diesen Rückstand in den letzten beiden Kapiteln aufholen, um gleichzuziehen. Das könnte er schaffen, schließlich verbraucht er weniger als der Audi.

Und der BMW X1 ist ohnehin aus dem Rennen, oder? Zumindest trottet er in der Zwischenrechnung mit gebührendem Abstand hinterher, reißt die Latte in vier von fünf Kapiteln, zieht nur beim Antrieb mit dem Mercedes gleich. Ist also für den BMW alles entschieden?

Für den Audi Q3 45 TFSI Quattro gilt das tatsächlich: Er gewinnt diesen Vergleichstest – obwohl er am meisten verbraucht. Denn sein Punktevorsprung trägt ihn ins Ziel. Knapp, äußerst knapp, sollte man hinzufügen, weil ihm der Zweitplatzierte dicht auf den Fersen lauert. Und das ist nicht etwa, wie zu erwarten war, der Mercedes GLA 250 4Matic. Ihn verschlägt es, ebenso knapp, auf Rang drei. Warum? Weil der BMW X1 XDrive23i mit seiner Sparsamkeit gleich an diversen Stellen Boden gutmacht. Dröseln wir auf, wie er am Mercedes GLA 250 4Matic vorbeizieht.

Über einen halben Liter weniger auf 100 Kilometer beim Testverbrauch und auf der Eco-Runde liefern schon einmal sechs Pluspunkte. Fünf weitere steuert der "Leistungsaufwand bei 130 km/h" bei – wir messen das auf unserer ebenen Teststrecke: Hier benötigt der X1 zum Halten der Autobahn-Richtgeschwindigkeit nur 31 statt 36 kW, rollt also effizienter. Weitere drei Punkte holt sich der BMW, weil er bei den allfälligen Ölwechseln im Rahmen der Wartungsintervalle nur 17 statt 28 Liter Schmierstoff benötigt (auf 100.000 Kilometer Laufleistung und fünf Jahre gerechnet).

Der BMW überragt den Mercedes und den Audi um rund zweieinhalb Zentimeter (Audi: 1.616 mm, Mercedes: 1.616 mm, BMW: 1.642 mm).

Folgt ein weiterer Drei-Punkte-Bonus bei den Energiekosten, womit wir im finalen Kapitel angelangt wären; hier drückt den Mercedes GLA der hohe Testwagenpreis – darin eingerechnet alle Extras, die sich auf die Bewertung im Vergleichstest auswirken.

Hohe Preise haben bei Mercedes eine gewisse Tradition, ja, sie sind schließlich eines der Kennzeichen von Premium. Und so hat es ebenso eine gewisse Tradition, dass Teilnehmer aus dem guten Hause auf den letzten Metern – genau, bei den Kosten – in Vergleichstests verlieren.

Nun sollte man hier bei drei Punkten Abstand nicht wirklich von "verlieren" schreiben. Erstens. Zweitens, hier passt das Wort besser, verliert der Preis viel von seiner ursprünglichen Höhe, wie eine Recherche auf dem Markt für Gebrauchte zeigt – nach drei Jahren ist schließlich der Peak des Wertverlustes überschritten. Ein guter Zeitpunkt also, sich nach einem jung aussehenden GLA vor dem Facelift umzusehen.

Fazit

1. Audi Q3 45 TFSI Quattro
562 von 1000 Punkte
2. BMW X1 XDrive23i
559 von 1000 Punkte
3. Mercedes GLA 250 4Matic
556 von 1000 Punkte
Technische Daten
Audi Q3 45 TFSI Quattro S lineBMW X1 xDrive 23i xLineMercedes GLA 250 4Matic
Grundpreis51.300 €54.260 €57.031 €
Außenmaße4484 x 1849 x 1616 mm4500 x 1845 x 1642 mm4412 x 1834 x 1616 mm
Kofferraumvolumen530 bis 1525 l500 bis 1545 l425 bis 1420 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder1991 cm³ / 4-Zylinder
Leistung180 kW / 245 PS bei 5250 U/min150 kW / 204 PS bei 5000 U/min165 kW / 224 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit238 km/h233 km/h240 km/h
0-100 km/h6,0 s7,0 s6,9 s
Verbrauch8,2 l/100 km6,5 l/100 km7,4 l/100 km
Testverbrauch9,6 l/100 km8,4 l/100 km9,1 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten