Peugeot 508 SW gegen VW Arteon Shooting Brake
Designer-Kombis mit Dieselmotoren im Test

Designer-Kombi mit Dieselantrieb, so ähnlich könnte der gemeinsame Nenner von 508 SW und Arteon Shooting Brake lauten. Unser Test zeigt, mit welchem Kombi es sich schöner lebt und fährt.

Peugeot 508 SW, VW Arteon Shooting Brake
Foto: Hans-Dieter Seufert

Wahrscheinlich wissen Sie es bereits: Der Arteon wird demnächst ohne Nachfolger eingestellt. Wenn es Sie ab diesem Modelljahr nach einem stylishen Kombi oder Viertürer-Coupé aus Wolfsburg gelüstet, stehen immer noch der neue Passat B9 und der vollelektrische ID.7 zur Auswahl. Noch ist der Arteon Shooting Brake jedoch bestellbar. Und er muss sich in unserem Kombi-Vergleich mit dem Peugeot 508 SW messen.

Das Kürzel SW steht bei Peugeot bekanntlich für "Station Wagon". Früher – immerhin seit 1894 – hießen geräumige Peugeot-Modelle schlicht Break, bei Volkswagen seit 1961 Variant. Womöglich passen die modisch-englischen Bezeichnungen besser zu den beiden Designer-Kombis.

Unsere Highlights

137 km/h schnell düst der sehr fahrsichere Arteon durch den doppelten Spurwechsel. Der 508 SW gibt sich wesentlich behäbiger und bleibt so mit 129,4 km/h hinter dem Volkswagen. 

Auf jeden Fall stehen mit Peugeot 508 Station Wagon und VW Arteon Shooting Brake zwei sehr wohlgeformte Kombis vor uns. Elegant und lang gestreckt zeigen sie sich, beide würden sich den Beinamen "Shooting Brake" verdienen, auch wenn nur der VW so heißt. Coupé-artige Elemente wie rahmenlose Seitenscheiben unterstreichen zudem, dass bei beiden Look & Feel mindestens so wichtig ist wie die praktischen Familienkombi-Qualitäten.

Zwei Fracht-Exemplare

Dass nutzwertorientierte Anforderungen dennoch nicht ganz unwichtig waren, zeigen unter anderem die Ladeabteile unserer Designerkombis: Maximalvolumina von 1.780 (508) und 1.632 Litern (Arteon) sind durchaus vorzeigbar. Als etwas praktischerer Kombi erweist sich in diesem Vergleich der Peugeot 508 SW. Er verfügt über die größere Ladeöffnung, die Fracht will über eine nicht ganz so hohe Kante (63 statt 71 cm) in den Wagen gewuchtet werden, und die Lehnen lassen sich per Fernentriegelung umlegen. Nicht so praktisch: Bis auf eine kleine Luke gibt es keine echte Durchreiche. Das ist beim Arteon Shooting Brake 2.0 TDI besser gelöst.

Uneingeschränkt erfreulich dagegen, dass beide Kombis auch in Sachen Zuladung echte Fracht-Exemplare sind: Mit 549 kg (VW) und 532 kg (Peugeot) dürfen sie deutlich mehr als zehn Zentner transportieren. Anders gerechnet: Sind vier je 75 kg schwere Personen an Bord, bleiben sehr reichliche 232 oder 249 kg fürs Ladegut übrig. Eine weitere positive Kombi-Eigenschaft des Arteon ist die sehr ebene Ladefläche bei flach gelegten Rücklehnen.

Der VW bietet kaum Platz im Fond und macht das Einsteigen, mit einer Innenhöhe unter einem Meter, mehr als mühsam.

Etwas weniger gut stehen beide Kandidaten da, wenn Passagiere transportiert werden sollen. Der Einstieg auf die hinteren Sitzplätze gestaltet sich mühsam, und die Innenhöhen von knapp unter einem Meter im Fond sind auch nicht üppig. Zudem ist die Sicht auf die Außenwelt von den hinteren Plätzen aus recht eingeschränkt.

Zu kleines Lenkrad

Wohler darf man sich auf den vorderen Plätzen fühlen. Freilich mit der Einschränkung, dass es im Peugeot 508 wegen der eigentümlichen Anordnung von Lenkrad und -säule sowie der breiten Mittelkonsole auch hier erstaunlich eng zugeht – enttäuschend für ein immerhin fast 4,8 Meter langes Auto.

Bereits hier ist zu erahnen, dass der Lenkradkranz die Sicht auf die Instrumente verdeckt.

Die markentypische Auslegung mit dem sehr tief platzierten Lenkrad und dem darüber angeordneten Instrumentendisplay zwingt den 508-Fahrer in eine ebenso ungewohnte wie unbequeme Sitzhaltung. Dass die Bedienung über beide Bildschirme, die Schalterleiste und die Lenkradknöpfe ein mühsames Unterfangen ist, macht den Aufenthalt im Peugeot nicht entspannter. Zudem zeigt sich seine Sprachbedienung weit weniger verständig und treffsicher als jene im VW Arteon Shooting Brake 2.0 TDI. Klarer Vorteil also für den 4.866 Millimeter langen Wolfsburger, in dem zumindest der Fahrer und der Beifahrer auf großzügig dimensionierten, ebenso bequemen wie haltsicheren Fauteuils Platz nehmen und sich luftig und kommod untergebracht fühlen dürfen.

Die Bedienung hingegen ist nicht ganz so komfortabel. Zwar lassen sich die essenziellen Fahrfunktionen meist einfacher und zielsicherer handhaben als im Peugeot, für den Umgang mit Infotainment oder Navi gilt das jedoch nicht. Natürlich gewöhnt man sich daran, beispielsweise die Info-Lautstärke und den Kartenzoom mit diversen Wipp- oder Wischbewegungen zu steuern – einfacher und ergonomischer wären dennoch zwei simple Drehregler. Löblicherweise verfügt der Arteon jedoch über einen griffigen Wählhebel fürs Direktschaltgetriebe, während sich der Peugeot 508 SW BlueHDi 130-Fahrer mit einem halb versenkten Automatik-Schalter bescheiden muss.

Zweimal mit Diesel

Womit wir beim Fahren wären. Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass die beiden Designerkombis schon mal in einem Vergleichstest aufeinandertrafen: Vor zwei Jahren waren sie als Plug-in-Hybride gefordert. Diesmal kommen beide mit Dieselmotoren zum Test, wobei die Plug-in-Alternativen nach wie vor verfügbar sind.

Die Diesel erweisen sich als gute Wahl. Zumindest, solange man keine allzu hohen dynamischen Ansprüche hegt. Insbesondere der 131 PS starke Selbstzünder im Peugeot zeigt sich von phlegmatischem Naturell. Er reagiert nur zäh auf Gasbefehle, kooperiert dabei immerhin ruckfrei mit seiner Achtgang-Wandlerautomatik. Und er verbraucht geringfügig weniger Treibstoff als der VW-Diesel (6,4 zu 6,6 Liter/100 km). Freilich lassen sich beide auch deutlich sparsamer bewegen, als es unser Testverbrauch ausweist. Mit behutsamem Fahrpedal, vorausschauender Fahrweise und Verzicht auf Vollgasetappen sind sie mit kaum mehr als fünf Litern Diesel je 100 km unterwegs.

Nach 36,0 Metern steht auch der VW … zwei Meter später als der Peugeot.

Eine Spur lebendiger gibt sich in allen Lebenslagen der VW. Wenngleich sich auch bei ihm die Frage stellt, wo denn die 150 PS und 360 Nm versickern. Denn ein Temperamentsbolzen ist er ebenfalls nicht. Der Zweiliter-Diesel kämpft freilich gegen fast 1,7 Tonnen Gewicht.

Der 508 wiegt beinahe drei Zentner weniger – was die Drehmomentschwäche des Peugeot-Motors jedoch nur ansatzweise übertüncht. Maximal 300 Nm stemmt der 1,5-Liter auf die Welle. So wollen Überholmanöver auf der Landstraße im 508 vorausschauend angegangen werden. Bis Selbstzünder und Automatik den passenden Gang zu Last und Drehzahl gefunden haben, ist der VW Arteon locker am Hindernis vorbei.

Zufrieden sein kann man in beiden Autos mit der Höchstgeschwindigkeit von etwas mehr als 200 km/h. Auch hier ist der Arteon etwas fixer, ohne dass sich ein entscheidender Unterschied ergäbe.

Diese Differenz tritt dann bei engagierter Landstraßenfahrt zutage. Der VW fahre sich einfach schöner, sagt Kollege Sebastian Renz nach der Vergleichsfahrt durch die winterlich tristen Löwensteiner Berge bei Heilbronn. Was er damit meint: Der Arteon hinterlässt einen insgesamt sehr harmonischen und stimmigen Eindruck. Er lässt sich auch bei sehr schneller Fahrt willig und zielgenau einlenken, nicht zuletzt weil er über eine sehr feinfühlig abgestimmte Lenkeinrichtung verfügt, die den Fahrer nie darüber im Unklaren lässt, wohin die Fahrt nun geht. Das alles klappt im 508 SW weit weniger gut. Was vor allem an dessen Lenkung liegt. Die erweist sich als sehr leichtgängig, mit fast schon zappeligem Einlenkverhalten, aber ohne die nötige Präzision oder wirkliche Rückmeldung. Das wäre an sich nicht so schlimm, wenn der Rest des Peugeot-Fahrwerks da mitkäme.

Besser bremst der 508

Doch der SW wechselt vergleichsweise schwerfällig die Richtung und zeigt darüber hinaus mit deutlichem Untersteuern und früh einschreitender Dynamikregelung, dass er so gar nichts von zügigem Kurvenfahren hält. So ergibt sich ein distanziertes Fahrgefühl, das einen eher wenig am Geschehen hinterm Lenkrad und im Maschinenraum teilhaben lässt.

Was der 508 hingegen hervorragend kann, ist das Bremsen: Er steht bei einer 100-km/h-Vollbremsung nach 34,1 Metern, ein Klasse-Wert für ein Alltagsauto. Da gibt sich der Arteon trotz seiner viel größeren Bereifung eine unerwartete Blöße: Erst nach 36 Metern kommt er zum Stehen – ein Unterschied von beinahe zwei Metern. Klingt nach nicht viel, doch auf der Straße würde der VW mit über 20 km/h am bereits stehenden Peugeot vorbeisausen.

Das Fahrwerk des Peugeot ist der Samtpfötigkeit eher unverdächtig. Es kann größere Unebenheiten noch ganz gut ausgleichen, spricht aber auf feine Anregungen reichlich unsensibel an und hinterlässt so einen poltrigen, unkomfortablen Eindruck. Adaptive Dämpfer bietet Peugeot übrigens nur für den Plug-in-Hybrid an. Besser macht es der VW mit seinem DCC-Fahrwerk (1.200 Euro). Er federt die meisten Unebenheiten deutlich fluffiger weg und wirkt so kommoder und entspannter als der etwas hüftsteife Peugeot.

143 kg beträgt der Gewichtsunterschied zwischen dem leichten 508 SW und dem deutlich gewichtigeren Arteon Shooting Brake.

Nun, so gegen Ende hin, lässt es sich nicht vermeiden, ein wenig übers Geld zu reden. Wenig überraschend, dass der VW Arteon Shooting Brake das deutlich teurere Auto ist. Nicht nur der Listenpreis ist höher (53.445 Euro), der Volkswagen verursacht zudem – ganz unvolkstümlich – die höheren Unterhaltskosten. Und die Serienausstattung des Arteon Elegance fällt magerer aus als die des Peugeot. So bringt der 508 Allure SW zum Preis von 48.850 Euro unter anderem LED-Matrixlicht, Rückfahrkamera oder ein volles Assistenzpaket mit – lauter Beigaben, die beim Arteon aufpreispflichtig sind.

Für gestrenge Kostenrechner muss der Peugeot also nicht unbedingt zweite Wahl sein, auch wenn der teurere Volkswagen das insgesamt bessere Auto ist. Einen Preisunterschied von ausstattungsbereinigt rund 8.000 Euro zu Ungunsten des VW muss man sich schon leisten wollen.

Wobei der Listenpreis bei beiden eine eher theoretische Größe ist. Einschlägige Internet-Portale bieten frei konfigurierbare 508 SW Blue-HDi 130 mit 26 Prozent Abschlag an, im Falle des Arteon Shooting Brake TDI mit 150 PS sind es 22 Prozent. Nicht nur beim Sprit können diese Diesel also trefflich sparen.

Fazit

1. VW Arteon Shooting Brake
565 von 1000 Punkte
2. Peugeot 508
533 von 1000 Punkte
Technische Daten
VW Arteon Shooting Brake 2.0 TDI ElegancePeugeot 508 SW BlueHDi 130 Allure
Grundpreis53.445 €49.800 €
Außenmaße4866 x 1871 x 1451 mm4778 x 1859 x 1420 mm
Kofferraumvolumen565 bis 1632 l530 bis 1780 l
Hubraum / Motor1968 cm³ / 4-Zylinder1499 cm³ / 4-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 3500 U/min96 kW / 131 PS bei 3750 U/min
Höchstgeschwindigkeit216 km/h208 km/h
0-100 km/h9,6 s11,2 s
Verbrauch5,5 l/100 km5,2 l/100 km
Testverbrauch6,6 l/100 km6,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten