Interview mit E.ON-Chefin Dorothee Ritz
„Bieten attraktive Ökostromtarife an“

Dorothee Ritz als neue Geschäftsführerin bei E.ON Energie Deutschland über die Digitalisierung, Ökostrom und Kooperationen mit der Automobilindustrie.

Dorothee Ritz, Geschäftsführerin für Solutions to Retail der E.ON Energie Deutschland
Foto: E.ON/Alex Schelbert

Dorothee Ritz, Geschäftsführerin für Solutions to Retail der E.ON Energie Deutschland, hatte zuvor Führungspositionen bei der Bertelsmann AG, AOL Europa und Australien sowie bei Microsoft inne. Die promovierte Juristin trieb dort den digitalen Transformationsprozess voran, unter anderem in der Geschäftsführung Deutschland und als General Manager Österreich. Zusätzlich engagiert sich Ritz im Vorstand der Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland.

Unsere Highlights
Welche Aufgaben haben Sie sich als neue Geschäftsführerin bei E.ON Energie Deutschland selbst auferlegt?

Ich verantworte bei E.ON Deutschland seit dem 1. Juli Produktlösungen, Marketing und Digitales. Die Teams kennenzulernen, steht daher erst mal im Fokus. Es gibt bereits spannende Lösungen für Solar, Smart Future Home und E-Mobility. Für mich gilt es daher, auf der bereits vor ein paar Jahren gestarteten Digitalisierungsstrategie aufzubauen. Unsere Kunden und Kundinnen wollen, dass wir für sie E-Mobilität zu Hause, unterwegs und im Büro einfach machen, und sie brauchen digitale, smarte Produkte: vom intelligenten Stromzähler und -tarif über vernetzte Wallboxen bis zu Energiemanagement-Lösungen.

Die E-Mobilität macht nur dann einen Sinn, wenn die Autos mit grünem Strom geladen werden. Wie sieht gerade bei Ihnen der Strommix aus?

Unsere öffentlichen Ladestationen werden selbstverständlich ausschließlich mit Ökostrom betrieben. Bei der Wallbox zu Hause oder dem Laden im Betrieb entscheiden die Kunden selbst über den Strommix. Hier bieten wir verschiedene attraktive Ökostromtarife an. In Kombination mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach können Kunden bei uns zudem ein Komplettpaket bekommen, um den sauberen Strom direkt vor Ort zu erzeugen und zu nutzen. Diese dezentralen Lösungen werden immer stärker nachgefragt.

E.ON hat sich der E-Mobilität verschrieben. Das zeigt zum Beispiel die Kooperation mit dem Wallbox-Hersteller Vestel. Was können Autofahrer noch von Ihrem Konzern erwarten?

Uns macht aus, dass wir E-Mobilität und Energiewende ganzheitlich denken. Wir können unseren Kunden alles aus einer Hand anbieten: Sie erhalten bei uns nicht nur einfach eine Wallbox, sondern können direkt online auch die individuelle, professionelle Installation mit in Auftrag geben und den passenden Grünstromtarif abschließen. Unterwegs laden sie mit unserer App an mehr als 31.000 Ladepunkten überall in Deutschland, und mit derselben App steuern sie auch die E.ON-Wallbox zu Hause. Hausbesitzern bieten wir individuell geplante Fotovoltaikanlagen mit Batteriespeichern. Damit kann natürlich auch das E-Auto geladen werden. Künftig werden wir mit weiteren Produktinnovationen nicht nur dafür sorgen, dass der Strom grün ist, sondern wir schaffen auch mehr Transparenz über den eigenen Stromverbrauch und mehr Flexibilität.

Skoda Superb iV, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Mit der E.ON-App laden Kunden an mehr als 31.000 Ladepunkten überall in Deutschland.
Was heißt das konkret?

Durch die Nutzung von intelligenten Stromzählern und den dazugehörigen Apps wird der Stromverbrauch flexibler regelbar – je nachdem, wann Energie aus der eigenen PV-Anlage oder erneuerbare Energie aus dem Netz zur Verfügung steht. Intelligente Tools zeigen auf einen Blick, wie sich der eigene Stromverbrauch zusammensetzt, und helfen dabei, Energie und damit CO₂ einzusparen.

Aktuell verzeichnen wir eine große Nachfrage nach Wallboxen durch die KfW-Förderung. Trotzdem klagen die Menschen in der Praxis oft über schlechte Beratung – und fühlen sich oft alleingelassen bei der Auswahl des richtigen Modells. Was muss hier passieren?

Kunden, die die Elektromobilität gerade entdecken, haben viele Fragen. Das weiß ich, weil ich selbst gerade ein neues E-Auto bestelle. Der Kunde denkt erst mal an ein passendes Auto und nicht an Wallboxen, Installation und daran, was der Strom künftig kostet. Wir beraten deshalb umfassend zur Auswahl der richtigen Ladestation, aber auch zu Strom- und Ladetarifen sowie den aktuell zahlreichen Fördermöglichkeiten. Auch die Reihenfolge ist wichtig. Dabei versuchen wir, den Kunden dort zu erreichen, wo er sich mit E-Mobilität tatsächlich beschäftigt: Zum einen informieren wir umfassend online und nutzen dazu auch interaktive Tools wie unseren Produktberater, der Schritt für Schritt zum passenden Wallbox-Modell führt. Zum anderen liegt uns die persönliche Beratung am Herzen, ob in einem unserer Kundencenter vor Ort, per Video-Terminal an vielen unserer Standorte oder telefonisch.

Wie ist es um die öffentliche Lade-Infrastruktur bestellt? Was planen Sie da – eigene Ladeparks?

E.ON hat schon frühzeitig damit begonnen, öffentliche Lade-Infrastruktur aufzubauen, und ist einer der größten Betreiber und Anbieter von Lademöglichkeiten in Deutschland. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung nun verstärkt den Ausbau des Ladenetzes mitfinanzieren möchte, und beteiligen uns an den kommenden Ausschreibungen zum "Deutschlandnetz". Hier liegt beim Thema öffentliche Lade-Infrastruktur momentan klar unser Fokus. Allerdings glauben wir, dass es zusätzliche öffentliche Investitionen ins Ladenetz braucht, damit das aktuelle Momentum im E-Mobilitäts-Markt nicht abebbt. Genauso wichtig wie das Laden unterwegs sind die Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz, für den Fuhrpark oder generell in Unternehmen und Kommunen.

Wie wichtig sind Ihnen DC und AC, was priorisieren Sie?

Das ist ganz klar abhängig vom Kundenbedarf. Von Ladestationen an Autobahnen erwarten Nutzer Höchstleistung und kurze Ladezeiten. Das geht nur mit leistungsstarken DC-Ladestationen. Anders sieht es dagegen am Arbeitsplatz oder zu Hause aus. Zwar wird an Unternehmensstandorten das Thema DC-Laden künftig je nach Anwendungsfall mehr Raum einnehmen, allerdings empfehlen wir unseren Kunden bei den meist längeren Standzeiten AC-Ladestationen. Denn während eines Arbeitstags oder über Nacht zu Hause können sie damit jedes Fahrzeug vollständig laden. Entscheidend ist die richtige Planung: Für Geschäftskunden analysieren wir mithilfe eines speziell entwickelten IT-Tools den Fuhrpark und das Nutzerverhalten. Auf dieser Basis erarbeiten unsere Experten eine individuelle Empfehlung für den bestmöglichen Mix aus AC- und DC-Ladestationen.

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BMW
Mit BMW errichtet E.ON eines der größten betrieblichen Ladenetzwerke in Deutschland mit rund 5.000 Ladepunkten.
Menschen, die E-Autos fahren, möchten oft ihr eigenes Zuhause CO₂-neutral gestalten. Was raten Sie diesen Kunden?

Der einfachste und grundlegende Schritt ist natürlich die Umstellung auf Ökostrom. Wer im eigenen Haus lebt, sollte zudem über eine PV-Anlage nachdenken, um selbst grünen Strom zu produzieren. Mit Blick auf die CO₂-Einsparung sind auch die Heizung und Gebäudedämmung sehr wichtige Faktoren.

Planen Sie Kooperationen mit Autoherstellern? Mit VW hat E.ON bereits eine Ladesäule entwickelt. Darf man da noch mehr erwarten?

Wir arbeiten bereits erfolgreich mit verschiedenen Autoherstellern zusammen. Beispielsweise kooperieren wir mit Daimler und bieten Mercedes-EQ-Kunden individuelle E.ON-Fotovoltaikanlagen für das eigene Zuhause und passende Ökostromtarife an. Auch mit Mazda arbeiten wir zusammen: Käufer eines Elektro-Mazda können direkt eine E.ON-Wallbox und einen vergünstigten Ladetarif für unterwegs bestellen. Bei Flotten- und betrieblichen Lösungen sind wir ebenfalls aktiv: Mit BMW errichten wir beispielsweise eines der größten betrieblichen Ladenetzwerke in Deutschland mit rund 5.000 Ladepunkten. Was mich ebenfalls besonders freut, ist unsere vor Kurzem gestartete Zusammenarbeit mit dem ADAC im Bereich Wallboxen. Künftig können wir uns weitere Kooperationen im Automobilbereich sowohl bei hochwertigen Ladelösungen als auch bei Ökostromprodukten vorstellen.

Wo liegen bei Ihnen derzeit die Haushaltsstrompreise fürs Laden eines E-Autos, und welche Tarife mit intelligentem Zähler planen Sie?

Das kann man nicht pauschal sagen, denn der Haushaltsstrompreis hängt immer von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören zum Beispiel die regionalen Netzentgelte am Wohnort des Kunden und der gewählte Tarif. Klar ist: Das Thema flexible Tarife wird immer wichtiger. Schon heute bieten wir einen smarten Grünstromtarif mit intelligenten Stromzählern an, bei dem der Strom abends und nachts günstiger ist – also ideal, um das E-Auto nach dem Arbeitstag zu laden. Solche neuartigen Tarifmodelle werden durch intelligente Stromzähler erst möglich, und wir arbeiten bereits an weiteren flexiblen Tarifangeboten für unsere Kunden.