Polestar-CEO Ingenlath im Interview
Polestar greift Porsche an

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Polestar-CEO Thomas Ingenlath spricht im Interview über die Markenpositionierung, Wettbewerber und den Weg zur Klimaneutralität.

Thomas Ingenlath Speaker AMS Kongress 2021
Foto: Dino Soldin

Polestar versteht sich als Premiummarke. Kostengünstige Kleinwagen mit E-Antrieb befinden sich derzeit nicht in der Planung. Dafür aber die teure Reise Richtung CO2-Neutralität. CEO Thomas Ingenlath hat allerdings auf dem auto motor und sport Kongress am 7.10. 2021 (schauen Sie hier rein!) mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass Elektroautos allein schon die Lösung für Nachhaltigkeit sind. "Elektroautos sind nicht per se umweltfreundlich", sagte Ingenlath. "Aber Elektroautos ebnen den Weg zu einem sauberen Planeten." Die Autoindustrie müsse sich sehr anstrengen, um das Null-Emissionsziel zu erreichen. "Wir können uns auf dem Weg zu einem sauberen Planeten nicht mit Worthülsen zufrieden geben." Auch bei Elektroautos sorge die Batterieherstellung, Stahl und Aluminium für einen hohen  CO2-Abdruck, so Ingenlath. Gleiches gelte für die Produktion eines Elektroautos. Die Autoindustrie müsse die Frage beantworten, wie man ein Auto bauen kann, das die Fabrik ohne CO2-Ausstoß verlässt. "Das ist heute nicht realisierbar", räumte Ingenlath ein. Aber dieses Ziel müsse die Industrie anstreben. Der Schlüssel hin zu einem klimaneutralen Auto sei der massive Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Autoindustrie müsse ihren Beitrag leisten, die Gesellschaft davon zu überzeugen. Zudem forderte Ingenlath einen Standard, um die CO2-Last von Elektroautos vergleichbar zu machen.

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 Im Vorfeld gab der leidenschaftliche Radfahrer mit Spikes ein Interview in MOOVE. 

Polestar will sich als Hersteller elektrisch betriebener Premiumautos positionieren. Wo stehen Sie heute?

Ingenlath: Wir befinden uns auf einer Reise, die noch lange nicht zu Ende ist. Unser Produktportfolio wächst in den nächsten Jahren – und dadurch wird die Marke noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen können. Wir treten dann noch mehr aus dem Schatten von Volvo heraus und werden noch eigenständiger wahrgenommen.

Sie werden immer wieder mit Tesla verglichen. Was können Sie besser?

Ingenlath: Als CEO kann man zunächst einmal viel von Elon Musk und seinem Auftreten in der Öffentlichkeit lernen, positiv wie negativ (lacht, Anmerk. d. Red.). Ich finde unser Design besser, weil wir eigenständiger, mit mehr Charakter auftreten. Unser HMI-Bedienkonzept ist besser, weil es intuitiver zu bedienen ist. Und wir verstehen uns mit unserer Erfahrung sehr gut auf die Produktion eines qualitativ hochwertigen Automobils als ein Masterpiece.

Tesla startet die Fertigung in Deutschland, Sie importieren Ihre Produkte wenig CO2-freundlich per Schiff aus China. Was wollen Sie dagegen tun?

Ingenlath: In einem ersten Schritt werden wir die Autos zukünftig auch per Schiene nach Deutschland bringen. Unsere Idee ist ja nicht, ein Produkt "made in China" zu fertigen. Wenn unser Absatzvolumen weiter so wächst, dann bin ich zuversichtlich, dass wir unseren Produktionsverbund nutzen können und künftig auch in einem der Volvo-Werke in Europa fertigen können. Den Polestar 3 bauen wir ja künftig auch in South Carolina (USA), also außerhalb von China.

Thomas Ingenlath Speaker AMS Kongress 2021
Dino Soldin
Neben Tesla warten ganz neue Konkurrenten wie der BMW i4 auf Sie. Fürchten Sie die?

Ingenlath: Nein, denn wir erobern Kunden vor allem im Premiumsegment. Viele Fahrer von Verbrennermodellen werden in nächster Zeit umschwenken. Daraus ergibt sich für uns ein Riesenpool neuer Interessenten.

Einen Polestar kaufe ich per Klick im Internet. Sind Sie mit diesem Vertriebskonzept zufrieden?

Ingenlath: Es stellt für unsere Kunden kein Problem dar, einen Polestar für 60.000 Euro im Internet zu konfigurieren und zu bestellen. Trotzdem muss es auch einen physischen Kontakt mit der Marke geben. Guter Kundenservice ist wichtig, und das Thema müssen wir auch noch mehr in die eigene Hand nehmen. Wir müssen jederzeit da sein, wenn es Fragen zum Lieferstatus oder zum Beispiel zur Software gibt. Wir werden auch die Zahl der Servicestützpunkte noch ausbauen.

Sie wollen bis 2030 klimaneutral sein – so die Mission des Projekt 0. Wie schaffen Sie das?

Ingenlath: Es handelt sich um ein gigantisches Projekt. Auf dem Weg dahin werden wir noch viel an Wissen und Erkenntnis gewinnen. Wir setzen dabei stark auf die Blockchain-Technologie, um zu überprüfen, wo die Rohstoffe herkommen, und arbeiten mit Zulieferern an neuen Prozessen und Materialien. Wir müssen alles infrage stellen, innovativ sein und auch auf ganz neue Technologien setzen.

Wo steht Polestar in fünf Jahren?

Ingenlath: Bis dahin umfasst unsere Modellpalette vier bis fünf Produkte. Wir konkurrieren mit Porsche um den besten elektrisch betriebenen Premium-Sportwagen – und wir sind unserer Vision der CO2-Neutralität hoffentlich ein ganzes Stück näher gekommen.