Fahrbericht neuer Audi RS 5 (2017)
Der Biturbo-Softie unter den Sportcoupés

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Der neue RS 5 ist laut Audi ein „High-Performance-Gran-Turismo“ – ein Begriff, der sich zwar in sich widerspricht, ihn dennoch aber ganz gut umschreibt. Extrem zügig ist er, klar, dazu sehr bequem, aber verglichen mit seinem Vorgänger etwas zart im Schmelz.

Audi RS 5 (2017) im Fahrbericht
Foto: Audi

1. Der Vorgänger

Radbacken im Urquattro-Style, erbarmungslose Sportabstimmung und ein dumpfer Trommelwirbel als Klangkulisse. Keine Frage, der erste RS 5 war und ist ein Charakterdarsteller. In den letzten Jahren seines Daseins schien ihn die Zeit jedoch überholt zu haben. Der Hemmschuh? Sein Herzstück, der Motor, ein 4,2-Liter-Sauger im V8-Format, der vom Turbotrend etwas überrumpelt wurde.

Trotz langhubiger Auslegung fehlte ihm untenrum die Wucht um gegen die Aufladungsarmada anzustinken, gleichzeitig war er aufgrund eben dieses langen Hubs obenraus zu schwerfällig um den Malus wieder reinzustrampeln. Ein Denkmal wird man ihm nicht setzen, vermissen darf man ihn dennoch.

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2. Was ist neu?

In erster Linie der Motor. Rund drei Jahre nach seinem Erzrivalen, dem M4, sattelt auch der RS 5 auf Aufladung um. Der Neue: ein doppelt aufgeladener V6 mit 2,9 Litern Hubraum, 450 PS und 600 Nm. Eine Audi-Entwicklung, die seit vergangenem Jahr aber bereits im Porsche Panamera S ran darf.

Reformiert wurde außerdem die Getriebepolitik. Das störrische DSG ist raus, stattdessen zog ein Achtstufen-Wandler ein, der leider jedoch nicht ganz so geschickt mit den Fahrstufen jongliert wie der Sportautomat von BMW. Vor allem bei schnellen Tempowechseln hakt's.

3. Was wurde beibehalten?

Einiges, aber das meiste auch aus gutem Grund. Der permanente Allradantrieb ist eh gesetzt. Er verteilt die Kraft weiterhin heckbetont und lässt sich durch das Sportdiff um eine aktive Hinterachssperre ergänzen, die das Drehmoment je nach Fahrmodus mehr oder weniger intensiv ans kurvenäußere Rad umleitet.

Mit von der Partie ist erneut auch die Dynamic Ride Control (DRC) – ein hydraulischer Wankausgleich, der Rolltendenzen der Karosserie mit Hilfe der Dämpfer entgegendrückt. Am Arbeitsprinzip des Systems hat sich mit dem Modellwechsel nichts geändert, nur wirkt es nun nicht mehr gar so verbissen in der Ausübung seiner Pflicht.

4. Kann er endlich auch Komfort?

Im Vergleich zum Vorgänger? Definitiv, aber der war auch knüppelhart. Der Neue wirkt jedenfalls um Welten geschmeidiger, federt sachter und dämpft längst nicht mehr so grob. Im Komfortmodus ist das alles ganz wunderbar, im Dynamic-Programm bräuchte die Kinematik meiner Meinung nach jedoch etwas mehr Querkraftresistenz.

5. Wie klingt er?

Spannenden Frage, denn die Audianer haben den Mund im Vorfeld ganz schön voll genommen. Es hieß, der RS 5 lasse die Akustik des ersten RS 4 Avant wieder aufleben. Sie wissen schon: diese Kombikanone mit Babyface und Ikonenstatus aus den ausgehenden Neunzigern. Motorkonzeptionell passt das: auch der damalige RS 4 hatte einen V6 zwischen den Backen, auch er lud doppelt auf.

Dennoch: Wenn man nichts von der Assoziation wüsste, man wäre wohl nie darauf gekommen. Allenfalls beim Ausdrehen, so ab 5500 lässt sich das heisere Sechszylinder-Fauchen ausmachen, für das man den RS 4 seinerzeit verehrte. Der Rest des Drehzahlspektrums jedoch ist weitgehend mit diesem dumpfknurrigen Klangbrei überzogen, den man auch aus den S4- und S5-Modellen kennt. Meinung? Insgesamt eher so mittelscharf.

Auffallend: Bis 80 km/h hält sich selbst die optionale Sportabgasanlage vornehm zurück. Ein bisschen Gewummer, dazu Nachtrommeln beim Gaswegehmen – das war's. Schuld an der Misere sind die neuen Geräuschemissionsgesetze der EU, die auch eine manuelle Steuerung der Auspuffklappe etwa über eine Taste untersagen. Und ja, an dieser Stelle darf gern geheult werden.

6. Geht er gut?

Gut? Nein, er geht wie die Pest! Zumindest nominell. Bis 100 vergehen laut Werksangabe nur 3,9 Sekunden – über eine halbe Sekunde weniger als bei seinem 60 Kilo schwereren Vorgänger. Sapperlott!

Audi RS 5 (2017) im Fahrbericht
Audi
Wuchtbrumme: Der 2,9-Liter-Biturbo-V6 geht wie die Pest, drückt den RS 5 in 3,9 Sekunden auf 100 km/h!

Problem: die schiere Gewalt dringt nicht so recht zu einem durch. Ein Teil versuppt in der wattigen Dämmung und dem üppigen Drumherum, der andere in der leidenschaftslosen Kraftentfaltung.

Schauen Sie: Es gibt Motoren, die zelebrieren ihr Drehmoment, lassen einen teilhaben an seiner Entstehung, um dich buchstäblich mitzureißen damit.

Das V6-Aggregat des RS 5 hingegen schwemmt die Newtonmeter nur aus sich heraus. Druckvoll zwar, keine Frage, aber eben eher ergebnisorientiert als euphorisiert.

7. Das Handling

Die gute Nachricht zuerst: Jeder, der zuletzt irgendwann in einem sportlichen Audi saß, wird sich sofort zu Hause fühlen. Die Lenkung arbeitet direkt und meldet immerhin subtil zurück, die Traktion ist unerschütterlich, die Spurstabilität im Kurvenverlauf auch in Reichweite des Limits hoch.

Audi RS 5 (2017) im Fahrbericht
Audi
S5 plus? Der neue RS 5 handelt gut, fühlt sich aber nicht großartig anders an als sein kleiner Bruder.

Jetzt die schlechte Nachricht: Im Grunde seiner Wesenszüge ist der RS 5 nichts großartig anderes als ein stärkerer, satterer, krawalliger klingender S5.

Natürlich tritt er heftiger an, natürlich liegen die Kurvengeschwindigkeiten dank Fahrwerk und Bereifungsbreite höher, natürlich schunkelt er weniger mit seinem Aufbau, und natürlich wird er auf Rennstrecken deutlich schneller sein.

Der Bewegungsapparat als solcher jedoch, also die Art und Weise wie er einbiegt, sich erstmal erstmal setzen muss, um sich dann über die Impulse des Sportdiffs ums Eck zu renken, ist genau derselbe wie der seines kleinen Brüderchens.

8. Des einen Freud...

Inmitten seiner Konkurrenten wirkt der neue RS 5 ehrlich gesagt ein bisschen lasch. Hier der V8-Presslufthammer vom Mercedes-AMG, dort der balletttänzerische Biturbo-Bazi namens BMW M4 und dazwischen er hier, der Abgeklärte, der Glattgebügelte, der Erwachsene. Will sagen: Wem es um die Gaudi geht, um sportliche Betätigung und fahrerische Herausforderung, der wird sich mit dem RS 5 nur langweilen. Die Aufgaben einer Erst-Mobilie beherrscht er aber besser als die anderen zwei zusammen.

9. Packt er diesmal den M4?

Sagen wir's so: Audi hat den RS 5 sicher nicht entwickelt um auf der Strecke nur artig hinterherzudackeln, allerdings kommt er einem mit seiner gedämpften Athletik auch nicht unbedingt wie ein Frontalangriff auf die M-Jungs vor.

Audi RS 5 (2017) im Fahrbericht
Audi
Ob der neue RS 5 an den BMW M4 rankommt? Audi hat immerhin keinen Klon des Münchner Sportwagens gebaut.

Und dann ist der M4 natürlich schon eine Hausnummer, zumal er mit Competition- und CS-Upgrades inzwischen noch das ein oder andere Ass im Ärmel hat. Meine Prognose: die sportlichen Sondermodelle liegen für den Audi außer Reichweite, den Standard-M4 könnte er möglicherweise aber in Bedrängnis bringen.

Grundsätzlich gilt, je niedriger das Niveau des Piloten, desto größer war, ist und bleibt der Vorteil eines RS 5. Denn: So ein M4, ganz gleich in welcher Konfiguration ist schon einer, mit dem man umzugehen wissen sollte. Er drückt permanent aus dem Heck und muss im Driftwinkel schwimmen, um richtig flott zu sein. Der Audi hingegen fährt zivilisierter schnell, bleibt auch im äußersten Grenzberich absolut narrensicher und funktioniert nach Schema F. Anbremsen, Einlenken, Rausbeschleunigen – und alles immer schön der Reihe nach.

10. Alles hat einen Preis

Der RS 5 ist kein billiges Vergnügen – wer hätte das gedacht. 80.900 Euro kostet die Basis, gut 4000 mehr als der M4. Und das ist nur der Anfang. DRC, Dynamiklenkung, Sportdifferenzial – all das sind elementare Bestandteile der Fahrdynamik und alle kosten Aufpreis. Hinzu kommen unzählige Verlockungen wie die gefrästen 20-Zöller, die Keramikbremse oder das neue Kohlefaserdach, das sich Audi im Gegensatz zu BMW extra bezahlen lässt.

Fazit

Ich persönlich hätte mir den RS 5 etwas schroffer gewünscht, aggressiver, mehr badass wie der Engländer sagen würde. Hauptproblem: die fahremotionale Nähe zum S5 Coupé, die sich erst wenn man richtig Druck ausübt nach und nach verdünnisiert. Einen Fahrdynamik-Berserker im Stile des BMW M4 hat Audi jedenfalls nicht gebaut – so schade es ist!

Technische Daten
Audi RS5 Coupé
Grundpreis82.700 €
Außenmaße4723 x 1861 x 1360 mm
Kofferraumvolumen465 l
Hubraum / Motor2894 cm³ / 6-Zylinder
Leistung331 kW / 450 PS bei 5700 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch8,7 l/100 km