Bei einem Auto mit einem schlüssellosen Zugangssystem tauschen der Schlüssel und das Auto Funksignale aus. Auf diese Zugangsart spezialisierte Diebe fangen das Funksignal ab, zeichnen es auf und nutzen es später, um das Auto zu öffnen und nach Möglichkeit zu starten. Der britische Automobilclub AA warnt jetzt vor der bulgarischen Firma SOS Auto Keys: Die Spezialisten bieten seit Juni ein ausgeklügeltes Gerät an, dass Dieben das Abgreifen des Funksignals erleichtert. Optisch erinnert das Gerät stark an den kleinen Spielecomputer Nintendo Game Boy, der in den 1990er-Jahren millionenfach Kindern und Jugendlichen Freude machte.
Teuer in der Anschaffung
Der von SOS Auto Keys angebotene Autoknacker-Game-Boy kostet umgerechnet zirka 22.000 Euro. Laut Hersteller handelt es sich um eines der fortschrittlichsten Geräte zum Öffnen von Schlössern. Die Bulgaren warnen davor, dass Kunden den speziellen Game Boy nicht kaufen dürfen, um ihn für rechtswidrige Machenschaften einzusetzen. Genau das vermutet der AA: Diebe dürften den hohen Anschaffungspreis nicht scheuen und das Gerät beherzt kaufen. Allerdings weißt der AA auch darauf hin, dass der Preis des Bulgaren-Game-Boys sinken dürfte, sobald andere Anbieter diese Technologie nachbauen.
Einfache Anwendung
Die Anwendung des Funk-Dietrichs ist denkbar einfach: Es genügt, den Knopf am Türgriff des Autos zu drücken. Die daraufhin vom Auto gesendeten Daten zeichnet der Game Boy auf. Die Software des Game Boys analysiert die Daten und berechnet daraus das Öffnungssignal, was direkt zur Verfügung steht. Sofort funktioniert der Game Boy genauso wie der originale Schlüssel. Deshalb fordert der AA nun ein Verkaufsverbot für diesen Funk-Dietrich auf dem britischen Markt.
Zahl der Autodiebstähle steigt in Großbritannien rasant
Die britische Polizei verzeichnete 2019 mit 106.291 Autodiebstählen einen Rekordwert – innerhalb der vergangenen sechs Jahre ist die Zahl der Autodiebstähle in Großbritannien um 50 Prozent gestiegen. Der AA wirft der Autoindustrie vor, die Auto zu wenig vor Diebstahl zu schützen. Außerdem sollen Autodiebstähle bei polizeilichen Ermittlungen eine immer niedrigere Rolle spielen. Dabei ist zumindest der Diebstahl von Luxus-Autos eine durchorganisierte Industrie: Diebe stehlen die Fahrzeuge auf Bestellung, dann verschiffen sie diese entweder direkt ins Ausland, oder sie zerlegen die Autos in sogenannten Chop Shops und verkaufen die Einzelteile. Allein die West Midlands Police hat im vergangenen Jahr 100 Chop Shops hochgehen lassen.
Fazit
Kommt der gute alte nur rein mechanisch funktionierende Autoschlüssel zurück? Sicher nicht – auch er war nicht in der Lage, Autos vor Einbruch und Diebstahl zu schützen. Und ein Verkaufsverbot von ausgeklügelten Geräten zum schlüssellosen Öffnen von Fahrzeugen dürfte auch nur eine geringe Wirkung haben und das Knack-Werkzeug höchstens verteuern.
Den Herstellern bleibt nichts anderes übrig, als an immer ausgefeilteren Schutzmethoden gegen Autodiebstahl zu arbeiten – aber die Diebe werden ihnen im Nacken bleiben und ihre Technik ebenfalls weiterentwickeln. Dass hunderte Hobbybastler jetzt ihre alten Game Boys rauskramen und zu Funk-Dietrichen umbauen, ist allerdings a) unwahrscheinlich und dürfte b) nicht zum Erfolg führen.