Bundesverwaltungsgericht fällt Entscheidung
Freiburg muss teures Anwohner-Parken anpassen

360 Euro im Jahr für einen Anwohner-Parkausweis in Freiburg? Das ist okay, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Die Leipziger Richter erklären die Regelung aus anderen Gründen für unwirksam. Die Entscheidung hat Signalwirkung für alle anderen deutschen Kommunen.

Berlin road
Foto: iStockphoto

Ob Berlin oder Berlitz, ob Hamburg oder Hasloch, ob München oder Münsingen: Anwohner-Parkausweise durften bis 2020 maximal 30,70 Euro kosten – deutschlandweit. Und zwar ganz egal, wie groß die jeweilige Stadt war oder wie sich die Parkplatzsituation in den Kommunen dargestellt hat. Doch diese Regelung gibt es nicht mehr: Vor drei Jahren haben Bundestag und Bundesrat den Weg freigemacht für deutlich höhere Gebühren, die Anwohner für ihre Jahres-Parkausweise zahlen müssen.

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Seit dieser politischen Entscheidung haben zehn Bundesländer ihre Städte ermächtigt, die Gebühren anzuheben. Darunter Baden-Württemberg – und die Verantwortlichen aus Freiburg haben bereits Gebrauch davon gemacht. Ende 2021 hob die in der Region Breisgau gelegene 230.000-Einwohner-Stadt die Parkgebühren auf das Acht- bis 15-fache an: Mit Stichtag 1. April 2022 stieg der Betrag von 30 auf 240 bis 480 Euro im Jahr. Die genaue Summe orientiert sich an der Größe des jeweiligen Autos. Der Höchstbetrag wird für Modelle ab 4,71 Meter Außenlänge fällig – eine Dimension, die inzwischen viele Mittelklassemodelle übertreffen.

FDP-Stadtrat klagt – Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Ein Freiburger Stadtrat war mit der Entscheidung nicht einverstanden. Das FDP-Mitglied klagte gegen die erhöhten Gebühren, die aus seiner Sicht laut Stuttgarter Zeitung "eine unzumutbare Belastung für viele Menschen" darstellen. Zudem fehlten aus seiner Sicht nachvollziehbare Berechnungsgrundlagen. Der Lokalpolitiker klagte vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim, allerdings ohne Erfolg. Also legte der FDP-Stadtrat Revision gegen das Urteil ein, weshalb es nun vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verhandelt wird.

Die Richter in Leipzig erkennen in ihrem höchstinstanzlichen Urteil eine andere Rechtslage als ihre Kollegen in Mannheim. Sie erklären die Parkausweisgebühren in Freiburg für unwirksam und geben damit de, klagenden FDP-Politiker grundsätzlich recht. Demnach sei die Parkgebührenverordnung des Landes Baden-Württemberg, auf die sich die entsprechende Satzung der Stadt Freiburg stützt, "keine taugliche Rechtsgrundlage" für die erhöhten Parkgebühren. Vielmehr seien Kommunen bei diesem Thema an die Vorgaben des Bundesgesetzgebers gebunden. Zudem verletze das Stufenmodell, bei dem sich die Gebühr an der Fahrzeuglänge orientiert, den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Dass ein Längenunterschied des Autos von 50 Zentimetern zu einer Verdopplung der Gebühr führen könne, sei nicht angemessen. Obendrein fehle eine Rechtsgrundlage für jene Ermäßigungen, die Freiburg beispielsweise für Personen mit Behinderung und jene, die bestimmte Sozialleistungen erhalten, eingeführt hatte. "Eine Bemessung der Gebühren nach sozialen Zwecken hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen", heißt es in einem Presse-Statement des BVerwG.

360 Euro für Anwohner-Parkgebühren okay

Die Höhe der Regelgebühr von 360 Euro haben die Leipziger Verwaltungsrichter jedoch explizit nicht beanstandet. "Angesichts des erheblichen Wertes eines wohnungsnahen Parkplatzes steht sie weder in einem groben Missverhältnis zum Gebührenzweck des Ausgleichs der mit dem Parkausweis verbundenen Vorteile noch ist sie vollständig von den zu deckenden Kosten der Ausweisausstellung abgekoppelt."

Das Urteil dürfte Signal- und Grundsatzwirkung für den Rest der Republik haben. Neben Freiburg haben in der Zwischenzeit bereits andere Städte ihre Parkgebühren für Anwohner und Anwohnerinnen drastisch erhöht, teils ebenfalls mit Stufenregelungen. Das sei dringend notwendig, heißt es beispielsweise aus Richtung des Deutschen Städtetages. Bisher lasse sich durch die Einnahmen kaum die Bewirtschaftung der kommunalen Parkflächen refinanzieren. Auf der anderen Seite zögern viele Kommunen, ob sie diesen Schritt ebenfalls gehen sollen – gerade in der aktuellen Phase, in der die Bürgerinnen und Bürger durch stark gestiegene Lebenshaltungskosten finanziell ohnehin stärker belastet werden.

Hinweis: In der Fotoshow zeigen wir Ihnen, was Sie beim Parken von Elektroautos und Plug-in-Hybriden an öffentlichen Ladesäulen beachten müssen.

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Fazit

Nun ist durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig klargestellt: Hohe Parkgebühren für Anwohner sind grundsätzlich okay. Nur müssen sie auf eine stabile juristische Grundlage gestellt werden und dürfen den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzen. Gestaffelte Gebühren nach Fahrzeuglänge dürfte es vorerst also nicht geben – genauso wenig wie Ermäßigungen nach sozialen Aspekten.

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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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