Interview mit dem Europa-Chef von Aston Martin
„Bei Sportwagen ist der Verbrenner sehr gefragt“

Andreas Bareis ist Regional President of Aston Martin Europe. Im Interview spricht er unter anderem über die (teil-)elektrische Zukunft der Marke.

Andreas Bareis ist Regional President of Aston Martin Europe.
Foto: Aston Martin
Sie kommen gerade aus Skandinavien, wo sie den überarbeiteten V8 Vantage (siehe Bildergalerie) potenziellen Kunden gezeigt haben. Ist nicht gerade dort der Wunsch nach einem vollelektrischen Aston Martin besonders groß?

Natürlich sind die Länder und auch Städte wie Oslo oder Stockholm besonders restriktiv gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Zudem gibt es ja in Skandinavien zum Teil extrem hohe Luxussteuern. Aber gerade in Stockholm verhält es sich derzeit ähnlich wie bei uns in Deutschland. Hier zeigen die Leute zunehmend Unverständnis darüber, dass andere für sie entscheiden, was das Richtige sein soll. Diese Entscheidung wollen sie selbst treffen. Das hat mich schon etwas überrascht. Generell gilt für Skandinavien wie für eigentlich alle unsere Märkte: Im Sportwagen-Bereich ist weiterhin der Verbrennungsmotor sehr gefragt. Das lässt sich bei DB12 und V8 Vantage am Bestelleingang ablesen. Beim Vantage haben wir viel Zuspruch dafür erhalten, nicht ein Hybrid-Konzept zu bringen. Sie wissen es zu schätzen, dass wir einen reinen Verbrenner mit nochmals höherer Leistung bringen.

Unsere Highlights
Sie sprechen dabei immer von den Sportwagen. Gilt das auch für den SUV DBX?

Da sieht es etwas anders aus, da kommen durchaus mal Fragen nach einer Hybrid- oder gar Elektro-Variante. Schließlich handelt es sich beim DBX eher um einen Wagen für jeden Tag und die ganze Familie.

Daran arbeiten Sie also tatsächlich?

Ja sicher, wir haben ja bereits die Partnerschaft mit Lucid hinsichtlich der Entwicklung elektrifizierter Antriebe bekannt gegeben. Über Details kann ich aktuell aber noch keine Auskunft geben.

Endet damit die Zusammenarbeit mit Mercedes-AMG? Schließlich haben die ja Hybrid-Antriebe sozusagen im Regal.

Nein, auf keinen Fall. Zudem haben wir mit unserem Anteilseigner Geely einen weiteren Entwicklungs-Partner.

Trotz der einen oder anderen Dynamik- oder gar Rennstrecken-orientierten Modellvariante ging es bei Aston Martin bislang viel ums Design. Werden sich die Produkteigenschaften ändern?

Unsere Kunden lieben das Design, da darf die Marke natürlich nicht nachlassen. Im Bereich der Technologie können wir sicher noch etwas besser werden, nicht unbedingt hinsichtlich des Antriebs, sondern eher im Elektronik- und Infotainment-Bereich. Das erwarten unsere Kunden. Beim DB12 und jetzt beim neuen Vantage sieht man klar, wohin wir wollen. Hinzu kommt, dass wir über bessere Materialien unseren Kunden künftig mehr Luxus bieten wollen. Auch das sieht man speziell beim Vantage schon sehr gut. Um die Marke im Luxus-Segment zu positionieren, müssen wir aber noch mehr unternehmen, vor allem im Bereich des Kunden-Erlebnisses beispielsweise über Veranstaltungen.

Gerade im Luxus-Segment dreht sich aber viel um Exklusivität. Das wiederum kollidiert womöglich mit geplanten Stückzahlen. Wie geht Aston Martin damit um?

Noch sind wir ja deutlich unter der Grenze von 10.000 Einheiten pro Jahr. Letztes Jahr lagen wir bei 6.620 Fahrzeugen, dieses Jahr würden wir gerne 7.500 erreichen. Die Exklusivität sollte also gegeben sein. Mit dem neuen Vantage können wir Fahrer anderer Sportwagen-Marken ein schönes Komplettpaket liefern: hohe Motorleistung, einzigartiges Design und Luxus.

Dabei sollte der DBX die Marke doch recht flott in Richtung der 10.000-Einheiten-Marke bringen. Weshalb hat das nicht geklappt?

Das SUV-Segment ist für unser Wachstum absolut unumgänglich. Allein im vergangenen Jahr hat der DBX 38 Prozent des Absatzzuwachses in den EU-Staaten ausgemacht.

Kauft eigentlich noch jemand den Basis-DBX, seit es den 707 gibt?

Tatsächlich nicht mehr so viele. Allein in Deutschland macht der 707 rund 90 Prozent der DBX-Verkäufe aus. Ich fahre selbst einen. Mein Lieblings-Detail ist der Rückspiegel, denn da kann ich beobachten, wie schnell andere Fahrzeuge darin immer kleiner werden.

Der 707 funktioniert sogar auf einer Rennstrecke recht gut. Doch sind Rundenzeiten für Aston Martin überhaupt ein Thema?

Sicher nicht an erster Stelle. Doch wenn unsere Kunden beispielsweise mit dem V8 Vantage an einem Trackday teilnehmen möchten, muss unser Auto auch dort abliefern. Auf der An- und Abreise liefert es dagegen wieder Komfort und Luxus.

Motorsport ist aber nach wie vor unabdingbar für die Marke?

Natürlich. In erster Linie die Formel 1, aber auch der GT-Motorsport. Schließlich haben wir gerade die neuen GT3- und GT4-Varianten des V8 Vantage vorgestellt. Das zahlt einerseits auf die Marke ein, ist andererseits aber durchaus auch ein Geschäftsmodell.

Vita

Die berufliche Laufbahn von Andreas Bareis begann bei der Daimler AG, wo er von 2005 bis 2006 im Projektmanagement tätig war. Anschließend wechselte er zu Mercedes AMG High Performance Powertrains, wo er bis zum Jahr 2010 in den Bereichen Operations and Quality Management arbeitete.

Zwischenzeitlich (August 2008 bis Februar 2009) fungierte er bei A123 Systems als Projekt Delivery Manager.

Die Position als Head of Quality Management bei Group Lotus PLC bekleidete er in den Jahren 2011 und 2012.

Es folgte ein Wechsel zu McLaren Automotive. In den ersten drei Jahre bekleidete er dort den Posten des Executive Director, Quality. Von 2018 bis 2020 war er Vehicle Line Director im Bereich Super Series und 2021 Global Aftersales Director.

Im Jahr 2022 vollzog er den Wechsel zu Aston Martin Lagonda Ltd als Vehicle Project Management and Motorsport Consultat. Seit November 2022 ist er President and Managing Director, Aston Martin Europe.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten