Lärm-Blitzer im Einsatz
Technik-Fallen gegen Lärm-Poser

In der Schweiz und in Frankreich können bald auch Fahrer von zu lauten Fahrzeugen zur Kasse gebeten werde. Das Stichwort lautet Lärmblitzer.

Geräuschmessung
Foto: Lohse

Wer morgens weder durch seine innere Uhr oder den Wecker, sondern vom Motorlärm eines vorbeifahrenden Fahrzeugs geweckt wird, kann in Zukunft vielleicht ein wenig länger schlafen. Denn den Lärmern geht es an den Kragen, beziehungsweise an den Geldbeuten. Seit diesem Jahr werden Lärmblitzer an verschiedenen Standorten in Europa getestet. Dazu zählen die Schweiz und Frankreich. Genauer gesagt wurde ein entsprechender Auftrag zur Entwicklung einer „Lärm-Falle“ wurde bereits im Januar 2019 von der Kantonsregierung Genf initiiert. Der neueste Standort befindet sich in einem Vorort von Paris namens Villeneuve-le-Roi neben dem Pariser Flughafen Orly.

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Zum Einsatz kann es kommen, „sobald ein neuer Gesetzesentwurf verabschiedet wird, der solche Systeme erlaubt“, erklärt Bürgermeister Didier Gonzales. Die Abstimmung über den Entwurf soll im Herbst dieses Jahres stattfinden. Wir haben nichts gegen Ferraris oder Harley Davidsons, aber ihre Besitzer demonstrieren manchmal gerne die Kraft ihrer Fahrzeuge und der Lärm beunruhigt die Bewohner„, sagt der Villeneuve-Beamte Remy Jourdan. Nun wird eines der Geräte in Saint-Forget, einer bei Motorradfahrern beliebten Gegend nahe Paris und zwei in der Pariser Innenstadt installiert.

Motorrad Lärm leiser fahren Anzeige
Verkehrsministerium Baden-Württemberg
60 Prozent der Einwohner Genfs leiden unter Lärm.

So funktioniert der Lärmblitzer

Das von Bruitparif entwickelte Gerät verfügt über vier Mikrofone, die alle Zehntelsekunden den Dezibelpegel messen und den Ursprung eines Klangs triangulieren, sprich die genaue Herkunft im dreidimensionalen Raum lokalisieren können. Es zeigt sogar ein Bild eines akustischen Nachlaufs als eine Spur von farbigen Punkten hinter einer sich bewegenden Quelle von lautem Geräusch, wie zum Beispiel einem aufgemotzten Motorrad. Die Tonaufnahmen werden mit Überwachungskameras der Polizei verbunden, die wiederum das Kennzeichen feststellen und automatisch ein Knöllchen ausstellen.

Das Kantons-Parlament in Genf begründet seine Entscheidung für die Testphase der Lärmblitzer damit, dass 60 Prozent der Einwohner Genfs unter Lärm leiden und Herzkrankheiten oder Diabetes verstärken könnten. Verkehrslärm sei nach der Luftverschmutzung die zweitstärkste Umweltbelastung. In dem Antrag der Politiker soll der Apparat die Lautstärke vorbeifahrender Autos erfassen und das Fahrzeug nach Überschreitung eines festgelegten Grenzwerts fotografieren. Die Polizei soll dann die lauten Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen und Strafen verhängen können.

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Nach Meinung der Schweizer Grünen sei die Entwicklung eines Geräusch-Radars technisch machbar und grundsätzlich nicht teurer als eine Temporadar. Forscher der EPFL (L´Ecole Polytechnique Federale de Lausanne) schätzen, dass ein Lärm-Blitzer in zwei bis vier Jahren einsatzbereit sein könnte. Das Problem bei der Entwicklung ist, die Geräusche aus der Distanz zuverlässig zu bestimmen und einem Fahrzeug konkret und korrekt zuweisen zu können. Die Hochschule EPFL in Lausanne arbeitet derzeit an einem solchen Gerät. Nach Aussagen von EPFL-Forschern gegenüber Schweizer Medien gebe es bereits schon jetzt ein Verfahren, mit dem Geschwindigkeiten von Fahrzeugen anhand von Lärm bestimmbar sind. In Kanada und auch in Süddeutschland gibt es entsprechende Apparate, die Auto-Lärm messen können. Diese “Lärm„-Anlagen weisen aber nur optisch den Fahrer auf zu viel Lärm hin, ohne entsprechende Sanktionen.

Nach dem Vorstoß des Kanton Genf gab es im Verlaufe des Jahres auch Forderungen aus Basel und Zürich. Bei letzterem Lokal-Parlament ist der Lärmblitzer indes schon im März 2019 abgelehnt worden, da sie als nicht bundesgesetzkonform gelten. “Ohne entsprechende Rechtsgrundlagen sind bei der polizeilichen Kontrolltätigkeit rechtlich verwertbare Vorbeifahrtmessungen mit Sanktionsmöglichkeiten nicht möglich„, so ein Regierungsrat gegenüber Telebasel.

Fazit

Das Thema Verkehrslärm wird in den kommenden Jahren immer weiter in den Fokus rücken, schließlich gelten die Geräusche ebenso wie die Luftverschmutzung als gesundheitsgefährdend. Mit dem Lärm-Blitzer, wenn er technisch ausgefeilt ist, gibt man der Polizei ein Gerät an die Hand, um Auto-Poser, ja sogar Raser zu stellen und abzukassieren. Der Effekt von stationären Lärm-Fallen dürfte hingegen nur punktuell Linderung bringen.

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