Audi RS5, BMW M3, Mercedes C63 AMG im Vergleichstest
Das Ende der V8-Sauger

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Wir widmen uns heute einer aussterbenden Gattung: Bevor BMW den M3 mit V8 in Rente schickt, darf er sich im Vergleichstest noch einmal mit seinen Saugmotor-Kumpels Mercedes C 63 AMG und Audi RS 5 richtig austoben.

Audi RS 5, BMW M3, Mercedes C 63 AMG, Motoren
Foto: Rossen Gargolov

Sitzen Sie auch in der Stressfalle? Wie Sie Stress verhindern. Zehn Methoden gegen die Volkskrankheit Stress„, stand da neulich auf einem der Werbeblättchen, die gerne mal den Briefkasten verstopfen.

Unsere Therapie heißt S65B40 und schlummert unter einem Powerdome, das selbst US-Musclecars der 60er neidisch macht. Gestatten S65B40, acht Zylinder, 3.999 Kubikzentimeter und 420 PS. Demnächst verschwindet einer der schönsten automobilen Stressblocker vom Markt: Das BMW M3 Coupé mit V8-Saugmotor biegt auf die Zielgerade seines Lebenszyklus ein. Zeit für einen letzten Test-Ausflug mit den Sauger-Kumpels Mercedes C 63 AMG Coupé und Audi RS 5 Coupé.

Unsere Highlights

Der Anfang vom Ende einer Ära

Doch es ist nicht bloß der finale sport auto-Vergleichstest mit einem BMW M3-Derivat der E92-Baureihe, sondern der Anfang vom Ende einer Ära. Die V8-Saugmotor-Bastion bröckelt und wird von aufgeladenen Triebwerken geentert. Sportwagen-Traditionalisten wie Ferrari verteidigen die Festung der frei saugenden V8-Motoren zwar noch, doch das Aussterben dieser emotionalen Gattung schreitet unaufhaltsam wie die Erderwärmung voran.

“Die Fortschritte bei der Aufladung hinsichtlich des Wirkungsgrads sind beträchtlich„, sagt M-Chef Friedrich Nitschke. Es ist kein Geheimnis mehr, dass der BMW M3-Nachfolger und die M4 genannte Coupé-Version einen Dreiliter-Reihensechser-Biturbo mit rund 450 PS tragen wird.

BMW M3 hängt am Gas, wie die Steuerfahndung an Hoeneß

Da hilft nur eines – raus aus der Garage und S65B40 mit einer Überdosis Drehzahl genießen. Unglaublich, dass dieses grandiose Triebwerk im Oktober Abschied feiert. Schon zu Lebzeiten kürte sich der V8 mit einem Brennraumvolumen von je 500 cm³ zur Legende und gewann fünf Jahre in Folge den “International Engine of the Year Award„. Trophäen für Techniklösungen des 90-Grad-V8 mit einem Bankversatz von 17 Millimetern, die jedem BMW M-Fan altersunabhängig ein kindliches Leuchten in die Augen zauberte.

Hierzu zählen unter anderem hochtemperaturfeste Aluminium-Kolben (Gewicht je 481,7 Gramm inklusive Kolbenbolzen und -ringen), Stahl-Magnesium-Pleuel (Gewicht Pleuelstange inklusive Lagerschalen: 623 Gramm) und acht elektronisch gesteuerte Einzeldrosselklappen.

Lediglich 120 Millisekunden benötigen Motormanagement und zwei Stellmotoren, um die Drosselklappen bei Vollgas 100 Prozent aufzureißen. Oder anders: Der BMW M3 hängt auch bei niedrigen Drehzahlen so direkt am Gas wie die Steuerfahndung an Uli Hoeneß.

M3 ohne Ansauggeräusch ist wie München ohne Oktoberfest

Hoffentlich vergessen Sie bei der M GmbH nicht, dass Downsizing und Aufladung durchaus effektiv sein mögen, die Faszination M3 seit der Markteinführung 1986 neben der blitzschnellen Reaktion des Motors mit feinster Gasannahme aber auch von einer der emotionalsten Verbrennungsmelodien lebt. Ein BMW M3 ohne das prickelnde Volllast-Ansauggeräusch ist in etwa so vorstellbar wie München ohne Oktoberfest.

Das M3-Fanherz fürchtet jedoch nicht nur den Verlust des V8-Klangs, sondern auch den Verlust des eigenständigen Triebwerks, das einst ein M-Modell aus dem BMW-Allerlei hervorhob. M5- und M6-Fahrer können schon heute von dieser Tragik ein Lied singen. Hochdrehzahl-V10 adieu, willkommen V8-Biturbo, dessen Gene sich auch in X5 und X6 wiederfinden. So etwas hätte es früher bei der M GmbH nie gegeben.

Prickelnder V8-Sound im Mercedes C 63 AMG

Vorerst genug gebrüllt, M3: Nachdem die Ikone aus Garching bei ihrem letzten Testauftritt Beschleunigungswerte von 5,0 und 16,0 auf den Asphalt bügelt, drängt sich jetzt das Mercedes C 63 AMG Coupé mit Performance Package ins Rampenlicht. Gurgeln, grölen, bollern – der Disput mit den Nachbarn über frühmorgendliche Ruhestörung fällt nicht weniger intensiv aus als beim BMW M3, sobald der 6,2-Liter-V8 von AMG aufbellen darf.

Dank Performance Package leistet der bis maximal 7.200 Touren drehende V8 mit 487 PS 30 PS mehr als die Basisversion des Mercedes C 63 AMG Coupés. Er kommt zudem in den Genuss, die Schmiedekolben, Pleuel und Kurbelwelle des Flügeltürers SLS AMG zu tragen. Dadurch wiegt der bei der leistungsgesteigerten Variante unter einem titangrauen Schaltsaugrohr sitzende V8 drei Kilo weniger als das normale C 63-Triebwerk. Zahlenjongleure schmelzen angesichts der Tatsache dahin, dass der werksintern M156 getaufte 90-Grad-Achtzylinder zehn Kilogramm weniger wiegt als der 202 Kilogramm schwere BMW-Vierliter.

Ein letztes V8-Aufbäumen im BMW M3

Dafür können BMW M3-Liebhaber noch ein letztes Mal so richtig feiern, dass ihr Triebwerk etwas unvermittelter auf Gasbefehle reagiert als der V8 aus Affalterbach. AMG-Anhänger hingegen reklamieren die deutlich besseren Beschleunigungswerte. Nach einem perfekten Launch-Control-Start der Siebenstufen-Automatik schiebt der schwäbische Dampfhammer beim Vergleichstest in 4,4 Sekunden auf 100 km/h und in 13,7 Sekunden auf Tempo 200.

Mit der Markteinführung des Mercedes C 63 AMG “Edition 507„ mit 507 PS im Juni zündet die Mercedes-Sportdependance noch eine weitere Ausbaustufe des V8-Saugmotors, bevor in der nächsten C 63-Generation der bei anderen AMG-Modellen schon weit verbreitete V8-Biturbo Einzug hält.

Audi RS 5 spurtet in 4,4 Sekunden auf Tempo 100

Neben R8 und RS 4 jubiliert der letzte V8-Saugmotor bei Audi im Audi RS 5. Dank souveräner Traktion sprintet das Allrad-Coupé in nur 4,4 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo – sofern die Launch Control perfekt funktioniert. Während des Vergleichstests streikte die Startautomatik des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes im ersten Anlauf und arbeitete erst nach einer längeren Abkühlphase wie gewünscht.

Schwamm drüber, schließlich sitzt auch hier zwischen den beiden Domlagern ein rassiger V8-Sportmotor mit 450 PS, der nur eines will: Drehzahl. Wenn es geht so oft wie möglich bis zum roten Bereich. Selbiger beginnt bei dem optisch mit roten Zylinderkopfdeckeln und Karbon-Motorabdeckung (Aufpreis 500 Euro) lecker zubereiteten 4,2-Liter bei 8.500 Umdrehungen.

Ein bisschen brachialere Charakterzüge hätte sich der Audi RS 5 dabei von seinen historischen Quattro-Rallyeverwandten ruhig abschauen dürfen. Der V8 erwacht gesittet grummelnd und wird auch bei maximaler Drehzahl kein Feierbiest. Hochfrequent, laut, krakeelig – nicht doch, wir fahren Audi RS 5. Im Vergleich zu BMW M3 und Mercedes C 63 ist der Audi etwas für Männer, die ihr Bier lieber aus der Schnabeltasse trinken, als es auf Ex hinunterzukippen. Alles wohl portioniert – bloß nicht über die Stränge schlagen.

Der Audi RS 5 kaschiert seine 1.880 Kilogramm gekonnt

Doch der mit 20-Zoll-Rädern, Keramikbremse, Sportfahrwerk plus, Sportdifferenzial und Dynamiklenkung ausgestattete Audi kann auf Knopfdruck den knallhart federnden V8-Sportler spielen, der noch bissiger am Gas hängt. Auch wenn der Audi RS 5 beim Test auf dem Kleinen Kurs (Rundenzeit: 1.14,3 min) mit neutralem Fahrverhalten und einem im Grenzbereich leicht drückenden Heck sein Gewicht von 1.880 Kilo sehr gut zu kaschieren weiß, wirkt der Audi RS 5 im Vergleich zu BMW M3 und Mercedes C 63 AMG künstlich auf Sport getrimmt.

Mit 1.770 Kilo ist auch das Mercedes C 63 AMG Coupé kein leichtfüßiger Sportler, doch er kann seine Pfunde mit Hinterachs-Sperrdifferenzial (2.291 Euro) sehr gekonnt ums Eck zirkeln. Lenkung und Einlenkverhalten vermitteln im Grenzbereich eine höhere Präzision als im Audi-Coupé. Ob nun im Drift oder gesittet auf der Ideallinie, das AMG Coupé überzeugt mit gutmütiger Beherrschbarkeit am Limit.

Im Vergleich zur schnell schaltenden Siebengang-S tronic von Audi fällt die Siebenstufen-Automatik von AMG auf der Rennstrecke im manuellen Modus mit unproduktiven Schaltpausen beim Erreichen der Drehzahlgrenze auf.

Der M3 tobt wie ein junger Hengst über den Kurs

Das Dessert kommt wie immer zum Schluss. Wir steigen um in den Wagen, der schon im Spätherbst seiner Karriere angekommen ist, sich aber immer noch nach Frühling anfühlt. Lahmender Gaul nach sechs Jahren Bauzeit? Von wegen, der BMW M3 E92 tobt wie ein junger Hengst über den Kleinen Kurs. Dabei glänzt er mit seiner direkten Lenkung, präzisem Einlenkverhalten an der Vorderachse und unter Last leicht übersteuernder Hinterachse. Schnelle Rundenzeiten (1.14,2 min) oder herzergreifende Driftwinkel schüttelt der gealterte BMW M3 mit M-Differenzialsperre und fein dosierbarem Saugmotor immer noch so regelmäßig aus den Radkästen wie ein Vettel die Pole Position.

In die Wehmut des Abschieds mischt sich die Hoffnung, auch ohne V8-Sauger auf einen faszinierenden Nachfolger zu treffen. “Der M3 CSL gilt für mich bei Handling und Feinfühligkeit als Benchmark„, erklärt M-Chef Nitschke. Gute Marschroute! Der neue BMW M3 soll wahlweise mit DKG oder manuellem Getriebe und erstmals optional mit Keramikbremsanlage antreten. Viel wichtiger: Er soll fast 100 Kilogramm weniger wiegen.

Technische Daten
Audi RS5 Coupé BMW M3 Cabrio Mercedes C 63 AMG Coupé Performance-Package
Grundpreis79.900 €79.800 €80.123 €
Außenmaße4649 x 1860 x 1366 mm4615 x 1804 x 1392 mm4707 x 1770 x 1391 mm
Kofferraumvolumen455 bis 829 l350 l450 l
Hubraum / Motor4163 cm³ / 8-Zylinder3999 cm³ / 8-Zylinder6208 cm³ / 8-Zylinder
Leistung331 kW / 450 PS bei 8250 U/min309 kW / 420 PS bei 8300 U/min358 kW / 487 PS bei 6800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h280 km/h
0-100 km/h4,4 s5,0 s4,4 s
Verbrauch10,5 l/100 km11,5 l/100 km12,0 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten