Kommt der elektrische M1-Nachfolger?
Chef der M GmbH macht Andeutungen

Immer wieder keimt bei BMW die Frage nach einem echten Sportwagen auf. Der könnte tatsächlich kommen – und zwar als Kooperationsprojekt mit einem alten Partner.

BMW Vision M Next
Foto: BMW

Die Karriere des BMW M1 war kurz. Sehr kurz. Nur etwa drei Jahre wurde der einzige echte Sportwagen der Münchner gebaut; in der Zeit entstanden nicht einmal 500 Exemplare. Seit die Mittelmotor-Flunder ins Museum gerollt ist – also ungefähr 40 Jahre schon -, sieht sich BMW mit einer immer wiederkehrenden Frage konfrontiert: Wann kommt endlich ein ernsthafter Nachfolger? Ein waschechter Sportwagen, der mit der Elite dieses Segments mithalten kann? Der über das hinausgeht, was beispielsweise ein M4 CSL zu leisten imstande ist.

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Wenn man der "Automobilwoche" glauben darf, startet BMW derzeit einen neuen Anlauf in dieser Hinsicht. Und zwar mit einem altbekannten Partner: McLaren. Mit den Briten waren die Bayern schon einmal eng verbandelt: Zwischen 1993 und 1997 lieferte BMW jenen 6,1-Liter-V12, der den Sportwagen-Mythos McLaren F1 (siehe Video und Fotoshow oben) befeuerte. Gemeinsam gewannen die Partner mit dem Auto 1995 das 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Es blieb jedoch bisher bei diesem einen Projekt; als McLaren kurze Zeit später mit dem süddeutschen Rivalen Mercedes den SLR auf den Markt gebracht hat, soll das für arge Verstimmung in München gesorgt haben.

McLaren sprach auch mit Audi

Dass BMW und McLaren inzwischen wieder eine gemeinsame Basis erkennen und miteinander reden, wissen wir ausgerechnet wegen eines anderen bayerischen Konkurrenten: Im Zuge seines geplanten Formel-1-Einstiegs soll Audi eine Übernahme von McLaren ins Auge gefasst haben. Der Plan: Zuerst sollte der britische Rennstall unter das Audi-Dach huschen, danach der gesamte Autohersteller McLaren Cars. Doch diese Gespräche wurden schnell abgebrochen. Einerseits, weil Audi die aufgerufenen Summen zu teuer gewesen sein sollen. Und andererseits, weil McLaren damals schon mit einem Audi-Konkurrenten über eine Zusammenarbeit beriet – nämlich BMW.

Auch diesmal sollen die BMW-Verantwortlichen nicht gerade begeistert gewesen sein über die Avancen aus der Nachbarschaft. Aber nachdem sich Audi bei seinem F1-Einstieg schnell Richtung Schweiz und Sauber orientierte, konnten sie in München die Bedenken beiseiteschieben, ungewollt Geheimnisverrat bis hin zu Technik-Transfer Richtung Ingolstadt zu betreiben. Stattdessen scheinen sie in München wieder den Eindruck zu gewinnen, mit McLaren eine Exklusiv-Kooperation etablieren zu können, von der beide Seiten profitieren würden – und bei der sich die Partner mit ihren Kernkompetenzen einbringen könnten.

Power von BMW, Leichtbau von McLaren

Die Zusammenarbeit soll 2027 oder 2028 in besagtem BMW-Elektro-Sportwagen gipfeln, der natürlich auf McLaren-Seite ein aufregendes Pendant erhalten würde. BMW wäre bei dem Projekt für den Elektroantrieb, die Batterien und die Software zuständig. McLaren würde seine Fähigkeiten in Sachen Kohlefaser-Leichtbau und Fahrdynamik zur Verfügung stellen. Die Zieldaten sollen folgendermaßen lauten: Deutlich über 1.000 PS, maximal rund 1.200 Newtonmeter und ein Gewicht nur leicht oberhalb der 1.500-Kilogramm-Marke. Bei McLaren würde der elektrische Neuling die Nachfolge des 720S antreten und etwa 400.000 Euro kosten. BMW soll mit einem Preis von ungefähr 250.000 Euro kalkulieren.

Um die Rentabilität zu verbessern, soll die Kooperation als zweites Modell einen wie auch immer gearteten Crossover hervorbringen. Dessen genauer Zuschnitt und exakte Rolle im jeweiligen Modellportfolio ist aber noch schwieriger zu greifen als alle Gerüchte bezüglich des möglichen Sportwagens.

Eher Kür statt Pflicht

Die vielen Konjunktive verraten es: In Stein gemeißelt ist das alles noch nicht. Im Gegenteil: Der gerade erst von Ferrari nach Woking gewechselte neue McLaren-Chef Michael Leiters muss die Kommunikationswege zu Franciscus (Frank) van Meel, dem Boss der BMW M GmbH, erst einmal aufbauen; Letzterer hatte zuvor mit Leiters Vorgänger Mike Flewitt verhandelt. Generell gebe es noch viele offene Fragen, schreibt die "Automobilwoche"; der neue Sportwagen sei für BMW eher Kür als Pflicht und der Crossover genieße eine noch geringere Priorität.

Die Sache mit Kür und Pflicht hat van Meel im Gespräch mit dem britischen Fachmagazin "Autocar" bestätigt. Weil die M GmbH nicht beweisen müsse, dass sie "ein sportliches Unternehmen" sei, genieße ein neuer Sportwagen nicht "die Priorität Nummer eins, aber vom Herzen her hat er immer eine hohe Priorität". Mit Blick auf die nie als Serienauto verwirklichte Hybrid-Sportwagen-Studie BMW Vision M Next sagte der Niederländer: "Die Tatsache, dass der Vision M nie verwirklicht wurde, bedeutet nicht, dass wir nicht an einen Supersportwagen denken." Er versuche immer herauszufinden, wie das funktionieren könnte.

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Natürlich. BMW braucht das prestigeträchtige Modell und McLaren gelangt so zu bisher fehlender Elektro-Kompetenz.Nein. BMW hat bewiesen, dass es keinen Sportwagen braucht, McLaren ist als flexibler Einzelkämpfer besser dran.

Fazit

BMW wird immer mal wieder angedichtet, ein Sportwagenprojekt voranzutreiben. McLaren steht dagegen traditionell mit seinen Finanzen auf Kriegsfuß und ist deshalb ständig auf Partnersuche. Es liegt also auf der Hand, dass beide Hersteller dahingehend Synergie- und Kooperationsmöglichkeiten ausloten? Mag sein, aber wie die Vergangenheit gezeigt hat, sieht BMW absolut keine Not, auf Gedeih und Verderb einen Hardcore-Sportwagen auf den Markt zu bringen – egal ob als Verbrenner oder mit Elektroantrieb. Wenn die Münchner das Abenteuer eingehen, dann nur mit der Aussicht auf sichere Rendite. McLaren steht hier stärker unter Druck und wird viele Zugeständnisse machen müssen, um die Partnerschaft zu besiegeln. Weshalb schon viel zusammenkommen muss, damit aus dem charmanten Gerücht irgendwann Wahrheit wird. Eine Grundsatzentscheidung soll noch bis zum Jahresende fallen.

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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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