E-Fuel als Kraftstoff der Zukunft
Wie weit sind synthetische Kraftstoffe?

Der Verbrenner hat bald ausgedient. Denken Sie! Außer der E-Mobilität gibt es noch weitere klimaschonende Alternativen: synthetische Kraftstoffe. Wir wollen herausfinden, ob diese eine echte Alternative zur Elektromobilität darstellen.

Alternative Kraftstoffe, AMS1417
Foto: Martin Timmermann

Es klingt wie ein Märchen: Erneuerbare Energien können den gesamten CO2-Ausstoß eines Autos um 70 bis 80 Prozent reduzieren. Der Schlüssel sind synthetisch, also künstlich erzeugte Kraftstoffe (E-Fuels). Doch deren Zukunft sieht düster aus, setzt die Politik doch vorerst voll auf E-Mobilität. Was unverständlich ist. Denn die Herstellung dieser Kraftstoffe bindet annähernd so viel CO2, wie bei der späteren Verbrennung wieder freigesetzt wird.

Ein damit betriebenes Auto fährt quasi CO2-neutral – sieht man von den Emissionen während der Autoherstellung ab. Zudem benötigen E-Fuels keine neue Tankstellen-Infrastruktur und keine neuen Antriebe. Zugegeben, mit Ökostrom betrieben, ist der E-Antrieb an Effizienz kaum zu überbieten. Doch in der Herstellung emittiert ein E-Auto durch die Batteriefertigung mehr CO2 als ein klassischer Pkw. Auch sind die Reichweiten, Ladezeiten und -möglichkeiten sowie nicht zuletzt die Preise für viele noch nicht praxistauglich.

Hinzu kommt: Selbst wenn ab heute nur noch reine E-Autos verkauft würden, dauerte es rund 20 Jahre, bis der gesamte Pkw-Bestand elektrisch unterwegs ist. In der Praxis ist eher mit 30 bis 40 Jahren zu rechnen. E-Fuels dagegen können schon bei der bestehenden Flotte die CO2-Bilanz verbessern. Und zwar ebenso bei Lkw, Schiffen und Flugzeugen sowie in wirtschaftlich ärmeren Regionen, in denen die E-Mobilität noch nicht angekommen ist.

Großes Potenzial: Wasserstoff

Die Kombination von Auto und Wasserstoff wirkt wie ein alter, verstaubter Hut. Immerhin predigen Enthusiasten seit über zehn Jahren, der große Durchbruch stehe bevor. Fakt ist: Mit Wasserstoff (H2) betriebene Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind serienreif, überzeugen mit hoher Reichweite und kurzer Betankungszeit. Allerdings sind die Antriebe noch immens teuer, und eine Tankstellen-Infrastruktur gibt es quasi nicht. Die würde allein für Deutschland rund zwei Milliarden Euro kosten, bezahlen möchte das aber niemand.

Warum also an dem Konzept festhalten? Ganz einfach: weil Wasserstoff der zentrale Baustein der Energiewende ist. Denn Strom aus erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Wasser existiert nur selten in der genau erforderlichen Menge. Wenn zu viel Strom vorhanden ist, müsste er also gespeichert werden können, um ihn bei Bedarf wieder abzurufen. Voilà: Die Technologie dazu heißt Elektrolyse und wird bereits industriell eingesetzt. Dabei wird zu Dampf erhitztes Wasser mittels regenerativ erzeugtem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten.

Im Anschluss kann das H2 in einer Brennstoffzelle (stationär oder in einem Auto) wieder Strom erzeugen oder es wird zur Produktion anderer Treibstoffe genutzt (siehe Grafik unten). Das klingt zwar aufwendig, angesichts der noch teuren Batteriespeicher und fehlender Stromtrassen lohnt es sich aktuell dennoch.

Ob wir unsere Autos zukünftig wirklich mit Wasserstoff betanken, bleibt aber offen. Zwar bieten einige asiatische Hersteller schon Brennstoffzellen-Fahrzeuge an. Deutsche OEM ziehen aber nur zögerlich nach und warten den Ausbau des Tankstellennetzes ab. Immerhin: Momentan gibt es etwa 30 H2-Zapfsäulen in Deutschland, verschiedene Unternehmen wollen bis 2023 gemeinschaftlich 400 Stationen aufbauen.

Serienreif: künstliches Erdgas

Bei Erdgas ist man schon weiter. Derzeit gibt es um die 900 CNG-Zapfstellen, bis 2025 sollen es 2.000 werden: So plant es der VW-Konzern gemeinsam mit Tankstellen- und Gasnetzbetreibern. Ein weiteres Ziel lautet, bis 2025 eine Million Erdgasautos auf die Straße zu bringen. Nun wirkt das zunächst wie Augenwischerei: Benzin soll durch den ebenfalls fossilen Brennstoff CNG ersetzt werden. Das ist zwar effizienter, zudem verbrennt Methan verhältnismäßig sauber, fast ohne Partikelemissionen.

Die Energieprobleme löst es auf lange Sicht aber nicht. Doch es gibt Lösungen: biologisch und chemisch hergestelltes Erdgas. Für erstgenanntes wird in einem Fermentationsprozess Biomethan gewonnen, welches auf Erdgasqualität gereinigt wird. Dieser Biosprit der zweiten Generation wird schon heute anteilig dem fossilen Erdgas beigemischt. Einen anderen Weg hat Seat in Spanien entwickelt. Dabei wird Klärschlamm aus Abwasser für die Fermentation genutzt.

Audi E-Gas Projekt, Alternative Kraftstoffe, AMS1417
AUDI AG
Schon fossiles CNG verbrennt sauberer als Benzin, doch es geht noch besser. Denn synthetisch hergestelltes Erdgsas aus Ökostrom, Wasser und CO2 verbrennt nahezu klimaneutral. So entsteht das E-Gas von Audi.

Die zweite Lösung ist synthetisches Erdgas, kurz E-Gas genannt. Es entsteht durch die Kombination von Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) in einer Methanisierungsanlage. Nimmt man dafür das besagte H2 aus Ökostrom und CO2 aus einer Biogasanlage, erhält man einen klimaneutralen Treibstoff (siehe Grafik links). Dieser ist chemisch identisch mit fossilem Methan und kann ins öffentliche Gasnetz und die vorhandene Infrastruktur eingespeist werden.

Dass dieses Power-to-Gas-Verfahren bereits serientauglich ist, beweist Audi bereits seit einigen Jahren mit einer eigenen Anlage im norddeutschen Werlte. Diese produziert rund 1.000 Tonnen E-Gas pro Jahr, womit im Schnitt 1.500 Fahrzeuge jeweils 15.000 Kilometer CO2-neutral fahren können. In Kooperation mit weiteren Anlagenbetreibern erzeugt Audi so viel künstliches Gas, wie die verkauften Modelle verbrauchen. Langfristig ist nicht auszuschließen, dass sich auch weitere Marken aus dem VW-Konzern an diesem Konzept beteiligen werden.

LPG als Kraftstoff hat indes für den Hersteller keine weitere strategische Bedeutung, wie Jens Andersen, der Konzernbeauftrage für Erdgasmobilität, erklärt. Denn im Gegensatz zu Erdgas kann Flüssiggas bisher nicht synthetisch hergestellt werden.

Synthetische Kraftstoffe

Anders sieht es bei Benzin und Diesel aus. Hier forscht die Industrie an verschiedenen künstlichen Treibstoffen. Unter anderem lassen sie sich aus Biomasse gewinnen. Im BTL-Verfahren (Biomass to Liquid) entsteht aus Abfällen und Reststoffen in mehreren Schritten zunächst ein Synthesegas, welches danach chemisch in einen Kraftstoff umgewandelt wird.

Eine weitere Alternative ist das PtL-Prinzip (Power to Liquid). Ähnlich wie beim E-Gas bildet auch hier der Wasserstoff aus Ökostrom die Basis. In Synthesereaktoren entsteht daraus mit CO2 in einem zweistufigen Prozess zunächst eine Flüssigkeit, die mit Rohöl vergleichbar ist. Wie gehabt stammt das Kohlendioxid aus Biogasanlagen oder kann aus der Luft sowie Abgasen gefiltert werden (CCS-Technologie).

Im nächsten Schritt lässt sich die Flüssigkeit zu künstlichem Diesel aufbereiten. Doch damit nicht genug: Da sich die Eigenschaften des Kraftstoffs während der Synthese gezielt steuern lassen und er zudem keinen Schwefel enthält, verbrennt er nicht nur quasi CO2-neutral, sondern auch effizienter und sauberer.

Audi E-Gas Projekt, Alternative Kraftstoffe, AMS1417
AUDI AG
Die E-Gas Fabrik von Audi ist eine der größten von über 20 Power-to-Gas-Anlagen in Deutschland.

Das alles zeigt: Die Entwicklung der neuen Kraftstoffe ist schon weit fortgeschritten. Doch ob sie unser Klima retten können, steht auf einem anderen Blatt. Denn noch kostet deren Produktion etwa doppelt so viel wie die der fossilen Treibstoffe. Der Hauptgrund: Die Betreiber zahlen für den Strom für die Elektrolyse alle üblichen Steuern und Abgaben, deren Anteil bei über 80 Prozent des Strompreises liegen kann. Auch dann, wenn sie nur überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien nutzen. Ohne passende Gesetze und Unterstützung der Politik lassen sich zumindest die strombasierten Kraftstoffe in naher Zukunft so kaum wirtschaftlich herstellen.

Doch nach Willen der Politik sollen diese nur bei Flugzeugen und Schiffen zum Einsatz kommen, wie das Bundesumweltministerium auf Anfrage mitteilte. Dabei wären E-Fuels auch für Personenwagen eine gute Übergangslösung bis zur vollständigen Elektrifizierung. Zudem bieten sie eine gute Chance, Schlüsseltechnologien in Deutschland zu verankern – die ansonsten ins Ausland abwandern würden, befürchten Experten.

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